Bei kaum einem anderen Comicband hatte ich solche Probleme eine Rezension zu schreiben. Was kann man über eine Geschichte schreiben, in der die Nationalsozialisten kurz vor dem Ende des Krieges Superwesen aus dem Hut zaubern, die den Lauf der Geschichte verändern? Eine schwierige Situation, denn wenn man sagt, dass einem die Geschichte gefällt, kann es passieren, dass man in die falsche politische Ecke geschoben wird. Dabei ist der Haupttenor nicht der Sieg der Nazis, sondern die Nutzung von Macht.
Denn nicht nur die Nazis haben ihre Supermenschen, sondern auch die Briten fangen nach der ersten Vernichtungswelle der drei völlig ausgereiften deutschen Übermenschen ebenfalls an, ihre eigenen Übermenschen zu züchten. Nun befindet man sich wieder in einem Wettrüsten, um damit der drohenden Katastrophe entgegenzuwirken.
Dabei ist der kurz vor dem Selbstmord gerettete Hitler nur auf eines aus. Das Deutsche Reich wieder aufzubauen und Vergeltung an denen auszuüben, die sein Land in Schutt und Asche gelegt haben. Dazu sollen ihm die drei Übermenschen helfen, die aber ein kleines Manko haben. Bei zu großer Erschöpfung nutzen sie sich ab und können sich bei Überanstrengung selbst zerstören. Die Nazis versuchen dies zwar geheim zu halten, doch durch die Agentin Stephanie konnten die Alliierten die geheimen Pläne in ihre Finger bekommen, so dass sie nun auch die Schwachstellen der Supermenschen kennen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn Paris soll dem Erdboden gleich gemacht werden.
Am Anfang war ich sehr skeptisch. Als ich die ersten Ankündigungen gesehen hatte und auch den Verlag dazu sah, war ich mir nicht wirklich sicher, ob dieser Band für das deutsche Publikum geeignet ist. Dann sah ich das Team, welches für die Geschichte verantwortlich war und war ein wenig beruhigter – der Brite Kieron Gillen ist nicht unbedingt für seine politischen Ansichten und auch nicht für die Verherrlichung des dritten Reichs bekannt. Dies macht er auch vor jedem einzelnen Heft überaus deutlich, denn vor jedem Heft liefert der Autor eine kurze Einleitung zu jedem Kapitel. Hierbei rechtfertigt er sich nicht nur, sondern legt auch offen, wie er zu seinen Einfällen gekommen ist. Sehr interessant und vor allem auch wichtig, da damit jeder erkennt, welche Absichten hinter der Geschichte von Gillen stecken und auch nichts davon glorifizierend sein soll.
Die grafische Umsetzung von Caanan White ist genau passend dazu. Die Bilder sind bewegend, verstörend und manchmal auch wirklich ekelerregend. Doch genau diese Gefühle sollen sie auch beim Leser hervorrufen. White ist die passende Ergänzung zur Geschichte von Gillen und behandelt dieses Thema mit dem gleichen Respekt wie Gillen selbst.
Wie Kieron Gillen es prophezeit hat, hat mich „Das letzte Aufgebot“ der erste Band der Comicreihe „Über“ der bei Panini erschienen ist fasziniert. Ich fand ihn sehr interessant und auch die Idee hinter der Geschichte ist sehr innovativ. Wieso sollten nur die Alliierten Superhelden haben, obwohl die Deutschen zur Zeit des Krieges technisch wahrscheinlich ebenso fortgeschritten waren? Ich bin gespannt wie die Geschichte weitergehen wird. Wie oben schon gesagt, hat mir der Band nicht gefallen, sondern überaus fasziniert.