Mitte der 1990er Jahre tauchte wie aus dem nichts in Großbritannien mit den „Spice Girls“ eine Girlband auf, die das Ansehen von Mädchen und Frauen auf der Welt auf ewig verändern sollte. Waren es vorher vor allem die gecasteten Boygroups, die in der Musiklandschaft für Aufsehen sorgten, gab es nun plötzlich eine Band bestehend aus fünf völlig verschiedenen Mädchen, die sich mit ihrem Schlachtruf „Girl Power“ für Emanzipation einsetzten.
Der Aufstieg an die Spitze der Charts und dadurch auch der Musikwelt ging schnell. Durch gut ausgewählte Songs, die nicht nur die typischen Thematiken hatten, konnten die vier Sängerinnen ein breites (vor allem aber weibliches) Publikum begeistern. Doch auch wenn sie für die Emanzipation einstanden, so waren es doch die „alten weißen Männer“, die im Hintergrund die Fäden gezogen haben.
Die Spice Girls wurden sehr schnell zu einem Medienphänomen und sehr schnell gab es allerhand Fanartikel der Band. Doch in der Musikindustrie währt der Ruhm nicht ewig und so wurde auf die Band nach der Trennung von ihrem männlichen Manager durch die allgemeinen Medien eine wahre Hexenjagd veranstaltet. Es konnte zur damaligen Zeit einfach nicht sein, dass Frauen so viel Selbstbestimmung an den Tag legten wie diese Band.
Egal was die Musikerinnen machten, sie konnten es der Medienlandschaft nie recht machen. Entweder waren sie zu dünn, oder zu dick, dann passte es den Medien nicht ins Konzept, dass die Frauen einen Mann an ihrer Seite hatten und natürlich war die offen gelebte Schwangerschaft zweier Bandmitglieder der größte Tabubruch für die vor allem männlichen Medienvertreter.
Der Ausstieg von „Ginger Spice“ Geri Halliwell sollte dann nach Ansicht der Medienvertreter das Ende der Band besiegeln, doch die restlichen Mitglieder zeigten, dass sie auch zu viert noch genauso erfolgreich sein können. Dennoch wärt leider nichts ewig und so sieht man die Band nur in verkleinerter Besetzung bei einigen Reunion-Konzerten, wie zuletzt 2019. Ihr Einfluss auf die erneute Emanzipation der Frauen bleibt aber bestehen und wird immer noch weiter ausgebaut.
Die nun bei Polyband erschienene dreiteilige Dokumentation „Spice Girls Girlpower erobert die Welt“ gibt einen guten Einblick in die Geschichte der Band und dessen fünf Mitglieder, zeigt aber auch, wie die Welt sich in den aktiven Jahren verändert hat. Während zu Beginn der 1990ern noch alles grell und bunt und vor allem einfach war, veränderte es sich doch rasend schnell in laut und gehässig.
Die Doku teilt sich dann auch in die drei Schaffensperioden der Band auf. Im ersten Teil geht es hauptsächlich um den rasanten Aufstieg und die damit verbundene Girl Power Bewegung, die von der Band zwar nicht erfunden, aber Medienwirksam verkauft wurde.
Im zweiten Teil geht es vor allem um die Medienhetze, die betrieben wurde, da die männlichen Mitglieder des Musikgeschäfts es nicht haben konnten, dass fünf Frauen alleine erfolgreich waren – und das waren sie.
Im letzten Teil geht es dann um die Solokarrieren und Einzelschicksale der Bandmitglieder und auch um die Veränderungen in unserer Gesellschaft, die diese Pop-Band aus London angestoßen haben.
Ich persönlich fand diese BBC / Channel 4 Dokumentation sehr interessant und sehr gelungen. Behandelt wurde hauptsächlich die Band an sich mit vielen Einspielern aus Interviews, anderen Dokumentationen und Zeitzeugenberichten. Die Spice Girls selber sind dabei nur über diese Videos zu Wort gekommen und nicht in eigenen aktuellen Interviews.
Positiv ist zu sagen, dass die Doku keine Aneinanderreihung von ihren Songs, Singleauskopplungen und Alben. So etwas gibt es schon zu Hauf und kann auch im Internet gut nachgelesen oder angeschaut werden. Der wichtigste Song in der Karriere der Band durfte dennoch nicht fehlen. Dieser hat dann auch die Dokumentation mit einer sehr guten Botschaft beendet.
Neben der Bandgeschichte wurde aber auch die Gesellschaft zum jeweiligen Zeitpunkt gezeigt und hier vor allem, wie sich der Medienrummel und das Konsumverhalten der Menschen über die Jahre verändert hat.
Am aller wichtigsten ist aus meiner Sicht aber der in dieser Dokumentation gezeigte Einfluss der Band auf die Entwicklung der Emanzipation. Ob es nun wirklich an den Spice Girls gelegen hat, oder ob es eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung war, dass kann jede*r für sich selbst entscheiden. Die Verknüpfungen die gezogen wurden sind aber alle sehr stimmig – also warum sollte es nicht so sein?
Meine Meinung: 9 von 10 Punkten