Corinna hat einen (fast) perfekten Job und ein Leben welches man sich eigentlich nur träumen kann. Dennoch ist Corinna völlig unglücklich. Ihr Job in der Werbeagentur macht ihr keinen Spaß mehr, da sie denkt, dass alles nur geheuchelt ist. Die Werbung die aktuell gemacht werden soll ist ein Parfüm für kleine Mädchen und in Corinnas Augen ist dies gleichbedeutend mit dem Verkauf ihrer Seele an den Teufel.
Doch auch in ihrem Privatleben ist nicht alles so rosig, wie sie es gerne hätte. Zuhause erwartet sie nur eine Katze. Diese kann Corinna im Prinzip nicht ausstehen und faucht sie immer wieder an. Einen Mann gibt es nicht in ihre Leben, auch wenn sie sich dies von ganzem Herzen wünscht. Auch auf Partys hat sie immer Pech, da sie nicht so leicht rumzukriegen ist, wie die anderen Mädchen und eher die Liebe ihres Lebens sucht.
Eigentlich hatte Corinna sich ihr Leben ganz anders vorgestellt. Nach dem Studium der Anglistik wollte sie eigentlich Schriftstellerin werden, ist dabei aber an ihrem Nebenjob mit dem sie den Studienkredit zurückzahlen wollte hängengeblieben. Nun sind einige Jahre vergangen und sie ist immer noch in dem gleichen tristen Job gefangen. Die einzige Abwechslung in ihrem Leben sind kleine Ladendiebstähle, bei denen sie immer ein Magazin in einer Zeitung stiehlt. Dieses fliegt aber leider irgendwann mit verheerenden Folgen für Corinna auf.
Mit „Shoplifter” liefert der Amerikaner Michael Cho sein Debut als Autor und Zeichner einer kompletten Graphic Novel. Bekannt ist er für einige kleinere Arbeiten bei Marvel und DC und auch als Cartoonist bei der New York Times. Hier spiegelt er das aktuelle Zeitbild sehr gut wieder. Wie viele Menschen sind unzufrieden mit ihrem Leben, obwohl sie so gesehen einen guten Job und auch ein passables Privatleben haben? Da der Schein aber immer wichtiger ist, als das eigene Glück verbleibt man bis zu seiner Rente in dem Job, wird immer unzufriedener und verbittert allmählich, so dass auch privat nichts funktioniert.
Umgesetzt hat der Künstler seine Geschichte mit sehr Comichaften, aber auch sehr detailreichen Zeichnungen. Es ist schon bewundernswert, wie Cho es schafft mit wenigen Strichen eine U-Bahn Station darzustellen und wie er jeder seiner Figuren ein völlig anderes Gesicht verpassen kann. Dargestellt wird es in einer schwarz / weiß Zeichenweise, wobei Cho die Grautöne mit Pinktönen getauscht hat – und könnte somit eine Anspielung auf den 1980er Jahre Film „Pretty in Pink” sein, in dem ein Mädchen auch sich selbst sucht.
„Shoplifter” ist eine eindrucksvolle und schöne Geschichte über die Suche nach dem „Ich”. Manchmal muss man einfach etwas wagen, um seinen Wunschtraum in Erfüllung zu bringen. Selbst wenn dies bedeuten sollte, dass man einen Sprung aus dem 10. Stock ohne Sicherheitsnetz und doppelten Boden wagen muss. Michael Cho hat dies passend eingefangen, vor allem da erst der tiefe Fall vor der eigentlichen Offenbarung geschehen muss.