Peter Fox im Interview – Knapp ein Jahr nach Fertigstellung seines Albums „Stadtaffe“ ist Peter Fox zu einem der wichtigsten Stars der Deutschen Pop-Musik aufgestiegen. 800.000 CDs hat er alleine in Deutschland verkauft. Zahlreiche Preise wurden an ihn verliehen und die fast siebzig Konzerte in den Sommermonaten waren alle restlos ausverkauft.
Trotz allem erklärte Pierre Baigorry, der Mann hinter Peter Fox, das Projekt für beendet und verkündete, dass nach den Sommer-Festivals Schluss sei.
Anlässlich der DVD-Aufzeichnung zweier Konzerte in der Berliner Wuhlheide, sprachen wir mit dem Mann aus Berlin über Medienrummel, Perfektionismus und Vorbilder im Musikgeschäft.
Du hast also die Schnauze voll?!
Peter Fox: Das klingt ein bisschen sehr negativ. Ich hab auf jeden Fall die Schnauze voll, von einem bestimmten Teil der ganzen Story, aber davon war ich vorher schon nicht begeistert, bloß es war ja nicht abzusehen, was das für Ausmaße annimmt.
Das ist aber nichts Neues, im Endeffekt war das von Vorneherein klar, dass das nur ein Projekt wird und keine längerfristige Karriere als Peter Fox. Ich habe auch nie was anderes behauptet.
Das ist jetzt also nicht der große Rücktritt aus dem Showgeschäft.
Peter Fox: Nein und es ist jetzt auch nicht so: Oh ich habe mir das alles ganz anders vorgestellt und muss jetzt aufhören! Nein das war immer so geplant. Ich mach eine Platte und dann machen wir mit SEEED weiter.
Jetzt hat sich das aber anders entwickelt, als vor einem Jahr abzusehen war.
Peter Fox: Na ja. Nicht ganz. Eigentlich ist schon alles so gelaufen wie geplant (lacht) nur noch ein bisschen besser (lacht noch mehr.)
Denkst du manchmal drüber nach, was die Leute so fasziniert an Deiner Platte?
Peter Fox: Nee. Was soll ich darüber nachdenken. Nee. Es gibt vielleicht so offensichtliche Punkte, wie den, dass es auf Deutsch ist. Und dann natürlich auch, dass es einen gewissen Schwung entwickelt, wenn gewisse Leute an entscheidenden Stellen eine Platte auch gut finden und pushen und es dadurch dann überhaupt so viele Leute erreichen kann.
Wenn Tante Sowieso und die Kids das dann hören und zu Weihnachten wollen, und das Produkt dann auch noch gut ist, dann hast du einen Punkt erreicht, wo es eine gute Chance hat, richtig dick zu werden.
Aber Produkt klingt so scheiße. Platte meinte ich. Die Platte. Und dass die Platte gut ist, finde ich sowieso. Die ist gut. Das ist schon mal das wichtigste, sonst funktioniert’s natürlich nicht.
Und warum gefällt es den Leuten?
Peter Fox: Das musst Du die Leute fragen. Das darfst Du ja nicht den fragen, der es gemacht hat.
Ich hab ja nur versucht was zu machen, was mir gefällt. Anscheinend bin ich aber so poppig veranlagt, dass ich ne gute Schnittmenge habe mit der Masse. (lacht)
Stört Dich das?
Peter Fox: Nö. Wieso? Ich habe ja trotzdem meinen Anspruch, als Musiker, als Produzent verwirklicht. Es ist zwar massentauglich, aber es ist ja nicht berechnend.
Ich finde die Musik ist immer noch recht speziell und ich bin ja jetzt auch nicht auf irgendeinen Zug aufgesprungen, um die Masse zu erreichen. Eben nicht.
Das einzige, was mir wichtig war, das waren die Texte. Ich wollte, dass es von Vielen verstanden werden kann. Da war klar, man kann das jetzt so schnell machen und so reim-dich-oder-ich-fress-dich-mäßig oder man packt da einfach ein bisschen Klarheit und Sinn mit rein. Das haben wir auf jeden Fall gemacht und uns Mühe gegeben, was zu machen, was nicht sofort jemanden ausschließt.
Also weder war ich krass provokant, noch habe ich groß mit Schimpfworten um mich geworfen. Das bin ich auch nicht. Das finde ich bei anderen lustig, aber so ein Typ bin ich halt nicht. Ich will die Leute eher mitnehmen und ansprechen und das hat halt anscheinend ganz gut funktioniert.
Jetzt ist das Album aber auch sehr persönlich. Wie ist es, wenn drei Leute daran schreiben, dass es dann trotzdem so intim wirkt?
Peter Fox: Also drei Leute haben die Musik gemacht. Die Texte habe ich zusammen mit dem Monk geschrieben und klar, je persönlicher die Sachen sind, desto mehr kommen sie natürlich von mir.
Monk hat mehr nachgefragt: Was willst Du denn jetzt damit erzählen? Er war bei den persönlichen Songs eher als Korrektiv dabei. Als Wand, gegen die man Ping Pong spielt, was ich auch immer wieder so machen würde. Bei den weniger persönlichen Songs hat er auch mal 4 Zeilen geschrieben, die ich komplett übernommen habe, weil ich sie geil fand.
Monk denkt auf jeden Fall in Sachen Texten wie ich. Der will auch, dass der Punkt klar wird. Kein Rumgefasel, das man in 80.000 Richtungen deuten kann.
Gegen einen Nonsens-Text habe ich auch nichts, aber dieses Dazwischen, wenn man mal drei Zeilen hat, die wirklich was bedeuten und dann wieder fünf Zeilen Füllquatsch, das finde ich halt scheiße. So texten aber eben viele.
Bei dem Konzert in der Wuhlheide stand neben mir eine junge Frau, hinter ihr stand ihr DJ Freund und bei „Ich Steine Du Steine“ hat sie dann angefangen zu weinen.
Peter Fox: Oh krass.
Wie geht es einem, wenn man so etwas hervorruft?
Peter Fox: Ist doch schön. Ist doch super. Wenn das jemand anders bei mir schafft… also ich muss auch heulen. Wenn ich zum Beispiel alte Konzertfilme sehe… da brauche ich noch nicht mal auf dem echten Konzert sein. Musik schafft es relativ gut bei mir, mich zum Heulen zu bringen.
Das müssen auch nicht mal traurige Sachen sein, sondern wenn da eine gewisse Energie ist, dann muss ich auch heulen, einfach weil’s so geil ist. (lacht) Das ist dann ne andere Form von Gänsehaut. Ich krieg dann keine Gänsehaut, ich krieg dann Pipi in den Augen. Bei James Brown zum Beispiel, wenn man diese totale Hingabe fühlt. Wenn man dann diese Konzertaufnahmen sieht und merkt: Alter, da brennt gerade echt die Luft! Dann muss ich heulen.
Wobei wir schon beim Thema Live Konzerte wären. Man spürt ja eindeutig, dass Du Dir sehr, sehr viel Mühe bei Deiner Musik gibst und genauso liebevoll sind deine Konzerte. Ist Dir das wichtig?
Peter Fox: Ja klar logisch. Ich finde alles, was man da macht, sollte man so gut wie möglich machen, ohne dass man jetzt krass verkrampft.
Es war jetzt auch nicht vom ersten Gig an total perfekt. Perfekt ist es sowieso nie, das kann ich jetzt auch besonders gut beurteilen, weil ich gerade die DVD gemischt habe und da hört man dann schon, dass da auch nicht immer alles geil ist, in jeder Sekunde. Schief gesungen… Verkackt…
Aber daraus besteht doch die Faszination von Live-Konzerten.
Peter Fox: Ja das stimmt, aber manche Sachen sind mir halt dann zu verkackt. Wenn ich höre, wie ich ne halbe Strophe lang schief singe, dann kriege ich ne Krise. Dann denke ich: Du Anfänger!
Aber wir hatten mit SEEED ja auch schon ein gewisses Level erreicht, was die Live Konzerte anbetrifft, wo ich jetzt nicht total dagegen abstinken konnte. Das war von Anfang an klar: Ähnlich geil muss es schon sein!
Wie habt Ihr das eingefangen für die DVD?
Peter Fox: Wir haben sehr viel auf 16-Millimeter gedreht, was sonst eigentlich keiner macht und leider ist es nicht ganz konsequent durchgezogen worden. Wir mussten Videomaterial mit 16-Millimeter-Material mischen, weil wir uns für die zwei Tage jeweils nur sechs 16-Millimeter-Kameras leisten konnten. Die müssen ja anderthalb Stunden durchschießen und das ist in der Materialentwicklung tierisch teuer.
Auf jeden Fall haben wir ein krasses Fass aufgemacht für die DVD und jetzt hoffe ich natürlich, dass es nicht nur für die Galerie ist.
Macht Dir das eigentlich Spaß, produktionstechnisch so richtig einen drauf zu machen?
Peter Fox: Mich interessiert das ganze Filmding einfach krass. Ich habe ja jetzt auch ein paar Video-Regie-Sachen gemacht, für meine Platte und für die von Miss Platnum.
Das ist ein Bereich, den ich LEIDER extrem interessant finde und mich deswegen auch so reinhaue. Es wäre natürlich cooler wenn es anders wäre, denn je weniger du dich damit auskennst, desto mehr musst du eben auch anderen überlassen. Leider interessiert mich das aber sehr, was dann am Ende auch wieder nervt, wenn man denkt: Wieso mach ich das eigentlich jetzt schon wieder? Ich bin doch echt blöd! Aber so ist das halt.
Von wem sind die ganzen Ideen für die Live-Shows?
Peter Fox: Also was die Musiker machen kommt von mir, außer Cold Steel, das sind natürlich deren Moves, das haben die sich erarbeitet oder wir zusammen.
Die Lightshow und die LED Wand, das ist eine Zusammenarbeit des Lichtdesigners, des Grafikers und mir.
Auf keinen Fall wollte ich so, wie sagt man… (angewidert) Visuals. Das finde ich so Drum n’ Bass-mäßig. Das hasse ich. Einen Screen mit irgendwelche Fahrten durch Tokioter U-Bahn Tunnels hinter der Band. So etwas nervt. Ich wollte eigentlich am liebsten Hintergrundbilder aus Stoff.
Bei 2 Fox-Konzerten haben wir ja noch mit SEEED am Schluss gespielt und da kam dann das SEEED-Backdrop aus Stoff runter und ich dachte: Das sieht ja eigentlich noch geiler aus, als diese Scheißelektroleuchte! Aber das ist schon alles ziemlich gut geworden. Ich wollte halt keine moderne Lightshow, weil ich auch denke, dass auf der Bühne ja schon genug passiert. Ich sehe das eher als Old School Show. Die Musiker machen und tun und die Bühne soll das im Endeffekt nur unterstützen. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass die Leute die ganze Zeit auf irgendwelche Screens glotzen.
Das waren die Vorgaben und das haben die Leute dann im Laufe der Live-Saison sehr geil umgesetzt.
Macht es Spaß in so großen Arenen aufzutreten?
Peter Fox: Größe allein macht nicht automatisch Spaß. Aber es gibt große Gigs die unglaublich viel Spaß machen. In Karlsruhe zum Beispiel, da gibt es eine Veranstaltung die heißt „Das Fest“. Da sind 100.000 Leute. Das fetzt total. Das ist wie ein natürliches Amphitheater, so ein Hügel, der ist voller Menschen. Es ist umsonst. Die Leute sind gut drauf. Es ist Sommer und obwohl es so groß ist, ist immer Hammerstimmung. Da gibt es eine ziemliche Scheißgage und trotzdem würde ich da immer wieder spielen, einfach weil es so geil ist.
Aber es gibt auch riesige Festival-Gigs vor 40.000 Leuten und die sind voll scheiße. Du erreichst die einfach nicht und da kommt nichts rüber.
Wie viele Konzerte habt Ihr gespielt?
Peter Fox: Siebzig? Sechzig? Kein Plan.
Ist man da irgendwann mal müde?
Peter Fox: Manchmal war man selber vielleicht nicht so euphorisch drauf, aber meistens macht das nichts, weil Cold Steel eigentlich immer euphorisch waren und eigentlich immer Bock hatten. Das war schon mal sehr gut, aber klar – wenn da einer von denen auch schlechte Laune hatte oder zwei sich gestritten hatten oder ich hatte zwischendurch ein kaputtes Knie, da gab es dann schon mal den einen oder anderen Gig, wo man wusste: Ok, das war jetzt nicht das Gelbe vom Ei! Aber meistens war es natürlich Hammer.
Wie hast du Cold Steel eigentlich gefunden?
Peter Fox: Übers Internet. Über Youtube. Ich habe nach Drumlines gesucht und da gibt es ja tausende Filmchen. Irgendwann war klar, die und die und die sind gut. Die haben wir dann angeschrieben, und dann haben wiederum nur zwei auf eine Art geantwortet, dass es sich gelohnt hat, nachzuhaken. Dann bin ich rübergeflogen und hab gleich was gedreht für ein Video, damit die auch wissen, dass ich es ernst meine. Dann habe ich ihnen erklärt, dass ich gerne eine Drumline in meine Liveshow einbinden würde und die fanden das geil und los…
Wie war deren Reaktion darauf, dass sie plötzlich mit dem erfolgreichsten Deutschen Künstler unterwegs sind?
Peter Fox: Meine erste Tour war ja eher so in kleineren Läden. Später haben sie mir mal erzählt, dass sie vorher diese SEEED Sachen im Internet gesehen hatten und da hätten sie sich bei unseren ersten Fox-Gigs schon gedacht: Oh, das ist ja gar nicht sooo fett! Aber sie haben schnell gesehen, dass es noch größer wird und insofern haben sie das alles miterlebt und sind mitgewachsen. Die waren ja erst nur zu viert und später dann zu fünft.
Nach der ersten Tournee im Dezember wurde Keon schwer krank und dann mussten wir ihn ersetzen für die März Tour, haben ihm aber gesagt, dass die Tür immer offen für ihn bleibt, sobald er wieder fit ist. Als es soweit war, wollte ich Darrell, seinen „Ersatz-Mann“ aber auch nicht nach Hause schicken und vom Budget her war es inzwischen auch zu verschmerzen, die Drumline zu vergrößern.
Bei der Show im Winter ist mir aufgefallen, dass an den Nähten der Kapuzen Neonbänder eingearbeitet waren, die dann im Schwarzlicht geleuchtet haben. Wie Detailversessen bist Du bei solchen Dingen?
Peter Fox: Dadurch, dass auf dem Album schon diese Farben Schwarz-Weiß und Neongrün waren, dachte ich natürlich, dass es cool wäre, wenn wir das auf der Bühne auch fortführen würden – ohne dass es gleich so Techno wird, weil Neon kommt ja schnell so als Technoalarm rüber. Dann haben wir diese Zipper mit diesen Neonfarben gefunden und uns gesagt: Geil, dann tapen wir uns noch die Sticks mit Neonfarben und strahlen das dann mit Schwarzlicht an, dann sieht das bestimmt Hammer aus! Das war insofern schon der Plan. Wie das am Ende dann wirklich aussieht, das weiß man nicht. Manche Sachen mussten wir auch wieder sein lassen, weil sie eben nicht gut aussahen.
Ist die Inszenierung einer Show eine ähnliche Arbeit, wie bei einem Video Regie zu führen?
Peter Fox: Nee. Bei den Live-Konzerten hast du ja nicht nur einen Schuss. Du kannst es ja immer wieder verfeinern, verbessern, daran arbeiten.
Bei nem Video, wenn du da verkackt hast, tja, dann sieht es halt nicht gut aus und dann musst du nachdrehen, was immer tierisch Geld kostet, weswegen es dann meistens nicht gemacht wird.
Arbeitest du da die ganze Zeit dran, gedanklich?
Peter Fox: Viel. Wenn wir auf Tour sind auf jeden Fall. Bei jedem Konzert merkt man ja auch: Ahhh die Stelle fühlt sich noch nicht so gut an! Dann guckt man, was man da besser machen kann. Das ist dann auch ein bisschen Try and Error-mäßig.
Ich bin schon jemand, der gute Ideen hat und vielleicht auch ne gewisse Erfahrung, dass ich weiß, was funktioniert und was nicht, aber man lernt ja immer dazu.
Man muss halt immer kritisch bleiben mit sich. Man nähert sich halt der Perfektion immer nur an.
Wie läuft das dann ab, diese Kritik nach dem Konzert?
Peter Fox: Wenn’s mal nicht so gut lief, muss ich mich schon zurückhalten, dass ich nicht von der Bühne komme und rummotze: Das war scheiße und das war scheiße und das und das und das!
Dass Du auch Deine Leute anmotzt?
Peter Fox: Ja. Oder dass ich einfach schlechte Laune habe, weil ich mich selber scheiße fand. Dann habe ich halt schlechte Laune, aber auch das will keiner mitkriegen, direkt nach der Show.
Das ist auch so was, was man dann lernt: Warte mal! Erzähl das mal morgen Mittag, dann haben alle gefrühstückt, ihren Kater ausgeschlafen und dann kann man sagen, was man gestern nicht so gut fand!
Haben die Leute Angst vor Dir?
Peter Fox: Quatsch. Nee. Glaub ich nicht, also… hoff ich nicht. Ich glaub so lang man auch mit sich selber kritisch ist, geht das in Ordnung. Wenn ich jetzt nur die Fehler bei anderen suchen würde, dann wäre das scheiße. Dann hätten die Leute wahrscheinlich auch keinen Bock, mit mir zusammen zu arbeiten.
Lobst Du auch? Es gibt ja Chefs, die nur kritisieren und die einfach nicht loben können.
Peter Fox: Jaaa. Ok. Das musste ich vielleicht auch ein bisschen lernen. Ich gehe halt immer davon aus – und das musste ich lernen, dass man davon nicht ausgehen darf – ich gehe also davon aus, dass die Leute wissen, dass ich ja genau deswegen mit ihnen zusammen arbeite, weil ich sie und ihre Arbeit schätze, ansonsten würde ich ja nicht mit ihnen arbeiten.
Die, die mich gut kennen, wissen das auch, außerdem bin ich sehr loyal und arbeite mit vielen schon seit langen Jahren zusammen, wobei Freundschaft und Arbeit praktisch eine Einheit geworden ist.
Bei diesem Projekt habe ich zum ersten mal eine Band für einen absehbaren Zeitraum zusammengestellt und trotzdem hat sich ein schönes Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Und es war ehrlich gesagt erleichternd zu sehen, dass dieses Modell auch funktionieren kann, denn zuvor hatte ich immer nur in Bands gespielt, die über Jahre zusammen gewachsen waren und – im Fall von SEEED – zusammen einen Erfolg aufgebaut hatten.
Bist du gerne der Chef?
Peter Fox: Mal so, mal so. Was ich auf jeden Fall voll geil finde ist, dass man seine eigenen Ideen umsetzen kann und nicht gezwungen wird, Sachen zu tun, die man nicht gut findet.
Da ich aber schnell unzufrieden bin, auch mit meiner eigenen Arbeit, ist es jetzt nicht alles supertoll, denn wenn einem das Ergebnis dann nicht gefällt, dann raucht man sich auch schnell mal dabei auf. Ich glaube, wenn man einfach irgendwo mitmacht, dann hat man das Problem nicht so.
Viele in meiner Umgebung sind schneller zufrieden mit dem Ergebnis und gehen entspannt essen mit ihrer Freundin und ich sitze dann immer noch da und denke: Nein es ist noch nicht cool, es geht noch besser! Scheiße warum funktioniert das nicht? (lacht) Dann ist es nicht so cool, der Chef zu sein.
Und natürlich das mit der ganzen Aufmerksamkeit, die einem die Leute so entgegenbringen, das ist mir eigentlich eher unangenehm.
Warum eigentlich?
Peter Fox: Wenn irgendwelche Leute in deiner Nähe sein wollen – so etwas ist zum Beispiel eher lästig, besonders wenn man merkt, dass es nur wegen des Erfolges ist. Das ist bestimmt ganz normal und menschlich und das verurteile ich jetzt auch gar nicht, aber das ist ein eher unangenehmer Effekt.
Eigentlich müssten natürlich die Leute in Sachen Ergebenheit selbst zurückhaltender und vorsichtiger mit mir umgehen. Nicht alles ist Gold, was aus meinem Mund kommt.
Eigentlich ist das nicht mein Problem, aber trotzdem liegt der Ball irgendwie bei mir, sensibel darauf zu achten, dass sich mein Verhalten nicht irgendwie verändert. Dass man die Menschen nicht einfach benutzt, nur weil sie einem zur Verfügung stehen und einem das auch signalisieren.
Da ist die Trennung total schwer. In bestimmten Bereichen muss das auf der anderen Seite auch wiederum so sein. Der Technische Leiter auf der Tour muss natürlich fragen, wie ich’s gerne hätte und da habe ich dann auch keinen Bock drauf, dass der dann sagt: „Bähhh. Keine Lust.“ Klar finde ich das schön, wenn er sagt: „Sofort Pierre, ganz wie Du möchtest.“ (lacht)
Aber dafür kriegt er auch Geld.
Peter Fox: Ja.. genau. Trotzdem ist es wichtig, dass du nicht nur von Jasagern umgeben bist, egal ob die Geld kriegen oder nicht.
Ich hab zum Beispiel meinen Bruder. Der ist einfach mein Bruder, der spielt Schlagzeug in meiner Band und Schlagzeug bei SEEED. Der hat natürlich nie Hemmungen, mir zu sagen: „Mann, halt’s Maul!“ Oder Monk. Der ist auch ziemlich geradeaus. Wenn ich zum Beispiel unfreundlich oder respektlos wäre, dann würde der schnell sagen: „Hallo! Nicht in dem Ton!“ Egal wie viel Konzerte wir gespielt haben, wie viel Geld ich verdiene oder ob ich ihn bezahle oder nicht und genauso würde ich es bei ihm auch machen.
Aber ich glaube, ich habe mich auch noch nie so richtig scheiße benommen.
Das hat etwas sehr bodenständiges.
Peter Fox: Echt. Wieso? Das ist doch normal. Aber gut, wenn das so ist, dann muss man halt bodenständig sein. Was soll’s.
Ich meine, es ist schon ein sehr privilegierter Lifestyle, wenn man mit Musik sein Geld verdient und das auch in einem Maße, in dem man es sich nie erträumt hätte. Dann ist es aber irgendwie auch eine verdammte Pflicht, jetzt nicht auch noch Leute scheiße zu behandeln, ganz im Gegenteil. Eigentlich sollte man dann besonders darauf achten, viel Gutes in die Welt zu senden.
Natürlich gibt es Negativbeispiele, die man so mitkriegt aus mittlerer Entfernung, aber es gibt auch echte Vorbilder, von denen man denkt, die machen das richtig.
Wer sind diese Vorbilder?
Peter Fox: Ich meine jetzt so Musiker, die sehr erfolgreich sind und trotzdem nicht an der Uhr drehen.
Zum Beispiel Phil Collins…
Neeeehhhh….
Peter Fox: Ja original! Abgesehen davon, wie man zu seiner Musik steht, aber der setzt Millionen um. Der ist einfach ein Superstar und ich glaube, dass der zu jedem seiner Angestellten höflich ist, so als ob ER der Chauffeur wäre. Ich war mal auf einem Genesis-Konzert, mit 14, vor dem Reichstag und da dachte ich das schon. Wie der drauf ist, wie der mit den Leuten redet. Der ist in seine Rolle irgendwie ohne große Berechnung so reingeraten und zieht das durch. Der ist locker und feiert das ab und nach dem Gig bringt er seine zwei Kids ins Bett, trinkt mit der Frau noch ein Glas Wein und geht dann pennen. So habe ich mir das vorgestellt und ich glaub, genau so ist der auch drauf. (lacht)
Ist das bei Dir auch so?
Peter Fox: Sagen wir’s mal so: Das finde ich auf jeden Fall erstrebenswert… Dann hört man halt noch, dass Phil Collins unglaublich viel, also mehr als die Hälfte seiner Kohle, einfach spendet. Finde ich auch logisch, weil ob du nun fünfzig oder hundert Millionen hast… was willst du mit dem Geld machen? Ich weiß natürlich nicht, ob das jetzt stimmt. Ich habe es von Leuten von der Plattenfirma gehört, weil das kriegt auch sonst keiner mit. Der muss das jetzt nicht in der Tagesschau inszenieren, sondern der macht das einfach und das find ich halt cool.
Oh Gott… ich hör mich an.
Vor einem Jahr saßen wir hier und da hast Du erzählt, dass Du ein bisschen Geld übrig hattest und Du es deshalb in die Produktion Deines Albums gesteckt hast. Jetzt ist wahrscheinlich noch ein bisschen mehr Geld übrig, was machst Du jetzt damit?
Peter Fox: Ja. Jetzt kauf ich mir ein Haus (lacht). Jetzt lege ich es doch in Stein und Boden an. In Südberlin. Home sweet home.
Andere musikalische Projekte?
Peter Fox: Nee. Obwohl – theoretisch schon … Ich will mir da jetzt echt nicht zu viel aufhalsen, weil ich auch das Gefühl habe, bei all der Action bleibt auch immer ganz schön viel Energie auf der Strecke. Ich merke an mir, dass ich voll glücklich darüber bin, das alles machen zu können, aber trotzdem kann einen dieses Glück auch auffressen. Das wird dann auch so ne Selbstverpflichtung. Da kann ich mich schwer von frei machen. Das hat was Getriebenes und manchmal denke ich: Wieso? Ich muss doch jetzt nicht gleich weitermachen! Wart doch mal, genieß das doch und mach mal nicht so viel, ne Zeit lang!
Ich habe immer das Gefühl, ich muss jetzt weiter arbeiten, aber warum eigentlich? Muss ich eigentlich nicht. Klar muss ich arbeiten gehen, aber trotzdem muss man ja nicht immer so krass reinhauen.
Das ist ein persönliches Ziel, dass ich da mal so wegkomme davon. Ich brauch auf jeden Fall erst mal ne Pause.
Was heißt das, wenn Du Pause machst? Wie sieht das aus?
Peter Fox: Also erstmal muss ich meine Tochter einschulen. Ich muss diesen Umzug machen, ich muss renovieren, sanieren, ich will nen Führerschein machen, ich muss mehr Yoga machen, Schwimmen gehen, mein Rücken tut immer weh, vom am Computer-Sitzen. Dafür brauche ich halt Zeit und wenn man im Produktions- und Live-Tourstress ist, dann mache ich das einfach nicht. Wenn ich dann mal nichts zu tun habe, dann gehe ich eben nicht schwimmen. Manche können das, aber ich häng dann lieber rum und sauf einen. Ich bin da nicht so krass gesundheitsmäßig drauf, wie ich eigentlich müsste. Wenn man so reinpowert, dann müsste man schon gucken, dass man sich in Schuss hält. Bei mir ist das leider immer so phasenweise.
Na dann: Gute Erholung!
© Warner