Ann Granger lässt in ihrem Roman „Neugier ist ein schneller Tod” nun zum zweiten Mal Lizzie Martin und Benjamin Ross im viktorianischen England ermitteln.
Lzzie Martin sucht eine neue Anstellung als Gesellschafterin und wird auf Empfehlung ihrer Tante Perry nach New Forest geschickt, wo sie sich im Haushalt zweier älterer Schwestern um deren Nichte Lucy kümmern soll, die mit dem plötzlichen Tod ihrer gerade geborenen Tochter nicht zurecht kommt.
Bereits auf ihrer Reise nach New Forest trifft Lizzie Martin auf den Arzt Dr. Lefebre, der ebenfalls in dem Haus unterkommen wird. Lucy ist äußerst feindselig Fremden gegenüber, und erwartet, von Dr. Lefebe als geisteskrank eingestuft und in ein Sanatorium gesteckt zu werden, weil sie nicht an den Tod ihres Kindes glaubt. Auch Lizzie hat es sehr schwer, ihr Vertrauen zu gewinnen, und schließlich machen die beiden alten Tanten von Lucy das Leben nicht gerade einfacher. Für sie ist es das Wichtigste, dass die Familie beschützt wird vor schlechter Nachrede und ihren guten Ruf bewahrt. Doch bereits kurz nach Lizzies Ankunft wird ein Mann im Garten ermordet, und zunächst deutet alles auf Lucy als Täterin. Lizzie ist sich hier aber nicht sicher, und glücklicherweise wird Scotland Yard in die Untersuchungen eingeschaltet, so dass auch Inspector Benjamin Ross nach New Forest reist und mit den Ermittlungen beginnt.
Erneut hat Ann Granger einen soliden Kriminalfall geschaffen, der aber vor allem durch seine dichte Atmosphäre des viktorianischen Englands überzeugt. So dauert das Befragen eines Zeugen durchaus mal einen Tag, da man erst mehrere Meilen zu Fuß zurücklegen muss, oder sich Informationen aus London am besten persönlich holen muss („Verschwenden Sie kein Geld fürs Telegraphieren, wenn es kein Notfall ist”). Ganz deutlich ist wieder ein Schwerpunkt der Beschreibungen auf die sichtbaren und unsichtbaren Hierarchien und Gesellschaftsformen gelegt. Im Gegensatz zum ersten Band, in dem das laute und neblige London detailreich beschrieben worden ist, zeigt Ann Granger in diesem Band das Landleben im viktorianischen England (bis auf einzelne kurze Ausflüge nach London, übrigens absolut erschütternd ist die Beschreibung des Lebens der Waisenkinder). Und erneut sind es die vor allem die Einschränkungen, die den Frauen durch die Gesellschaft auferlegt werden, die den Fall und vor allem die aufgeklärte Lizzie Martin so interessant machen. Sie hält sich nicht unbedingt an alles, was „schicklich” ist, und ermittelt weiter, wenn sie ein komisches Gefühl oder Ungereimtheiten vor sich hat. Mit ihrer Art eckt sie nicht nur bei den zwei erzkonservativen Schwestern an, auch Benjamin Ross muss sich zunehmend an die Unabhängigkeit Lizzies gewöhnen, macht er sich doch Hoffnungen, den Rest seines Lebens mit ihr verbringen zu dürfen.
Generell hat mir auch dieser Band wirklich gut gefallen, er war gut zu lesen und bringt dem Leser eine interessante Zeitepoche näher. Und obwohl ich mir manche Dinge schon früh denken konnte, und irgendwie auch etwas ungehalten darüber war, dass niemand vorher auf die Idee gekommen ist, das nachzuprüfen (um was es geht, werde ich nun natürlich nicht verraten), so muss man die Ermittlungen und Gedankengänge doch auch aus der damaligen Zeit heraus sehen. Insofern wiederum erscheint alles recht schlüssig- und schlussendlich handelt es sich ja um einen fiktiven Roman, so dass sich auch neben Mord und Totschlag doch noch einiges am Ende zum Positiven wandelt.