Bevor Mondo Sangue mit ihrem fiktiven Soundtrack zu Italowestern durchgestartet ist, hat sich die Stuttgarter Band einem anderen Genre zugewandt. Dabei handelt es sich um die klassischen Kannibalenfilme, die leider in der heutigen Zeit ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Diese waren ebenso wie die Spaghettiwestern auf ihrem Höhepunkt in den 1960er und 1970er Jahren und waren meistens irgendwie eine Mischung zwischen Horrorfilm und Softporno. Irgendwann war der Bogen dann überspannt und das Thema ausgereizt, so dass es keine weiteren Filme mehr gab.
Yvy Pop und Christian Bluthardt, sprich Mondo Sangue, haben sich nun aber an diese Filme erinnert und sich auch die Soundtracks dazu mal genauer angehört. Dabei ist ihnen das Potential dieser Musik aufgefallen, so dass sie mit „L’Isola Dei Dannati“ selbst einen Soundtrack aufgenommen haben. Wer nach dem Genuss dieses Soundtracks auf die Suche nach „Island of the Damned“ oder „Insel der Verdammten“ gehen sollte, der wird schwer enttäuscht sein, denn diesen Film gibt es nicht. Dennoch wird die Geschichte durch den Soundtrack erzählt, so dass man nur die Augen schließen muss um sich das Vergnügen, aber auch den Schrecken, vorzustellen.
Es beginnt natürlich alles mit dem Titeltrack, der uns Zuschauer in den cineastischen Genuss bringen soll. Man kann den Vorspann direkt sehen. Ein Kaleidoskop an Farben in denen nicht nur der Titel des Films eingebettet ist, sondern auch die Namen der Schauspieler, des Regisseurs und der Produzenten. Dem folgt eine geschickte Überleitung, da man ja irgendwie auf die Kannibaleninsel kommen muss. „Stranded and Exhausted“ und „Living at the Beach“ geben genau den passenden Ton dazu.
Eigentlich könnte das Leben auf der Insel nicht schöner sein. Man sucht Nahrung, lebt sich dort ein, ein Pärchen findet sich (während ein dritter in die Röhre schauen muss) und plötzlich merkt man, dass man nicht mehr so ganz alleine ist. Eine klassische Handlung eines Schiffbruchs also. Bluthardt und Pop konnten dieses ganze dann auch sehr geschickt musikalisch umsetzen, so dass man sich wirklich auf eben dieser fremden Insel befindet und genau dies miterlebt. An einer Stelle war ich dann aber doch etwas irritiert, da mich „La Caccia di Cocco“ ein wenig an den Soundtrack aus „Asterix erobert Rom“ erinnert hat und ich dabei immer wieder die Bilder von Asterix und Obelix auf der Insel der Zauberinnen im Kopf hatte.
Auf der B-Seite der Platte ändert sich dann aber schlagartig die Stimmung. Die Songs werden vom Gefühl her bedrohlicher und auch die Titel lassen nichts Gutes erahnen. So wird das Gefühl der Gestrandeten bestätigt und schon bald findet man sich in den Händen der Kannibalen wieder, aus denen es kein Entrinnen gibt. Am Ende gibt es mit „King oft he Canibals“ dann noch den „krönenden Abschluss“ der dieses Gefühl der Endgültigkeit und auch der Verzweiflung gut darstellt und man weiß als Zuhörer, dass diese Geschichte nicht gut ausgegangen ist.
Yvy Pop und Christian Bluthardt ist es mit ihrem Soundtrack wirklich gelungen trotz eines fehlenden Films eine Geschichte zu transportieren. Man muss sich zwar ein wenig an den Titeln langhangeln, wird dann aber definitiv nicht enttäuscht. Als Kenner des Genres wird man ganz schnell viele kleine Anspielungen auf andere Soundtracks wiederfinden, so dass man sich bei diesem Album durchweg wohlfühlen und es genießen kann.
So wie es sich für einen vernünftigen Soundtrack gehört, liegt der Platte ein Poster des Covers bei. Darüber hinaus erhält man auf der Rückseite noch Informationen, wer den „Film“ gemacht hat und worum es dabei eigentlich geht. Ein wenig sieht man hier noch, dass es sich um das Erstlingswerk handelte, da bei „No Place for a Man“ die imaginären Credits noch weiter ausgearbeitet und so die Illusion des Soundtracks perfekt waren. Dennoch ist „L’Isola Dei Dannati“ ein gutes Erstlingswerk und eine schöne Hommage an die klassischen Kannibalenfilme.
Meine Meinung: 10 von 10 Punkten