Mit „Isch hab Geisterblitz- neue Wortschätze vom Schulhof” liegt das dritte Buch von Philipp Möller vor, in dem er sich Gedanken macht über die deutsche Sprache, das deutsche Bildungssystem, und was die Kinder in der Realität daraus machen.
Nachdem er Aushilfslehrer in einer Berliner Grundschule war, wird er nun von seinem ehemaligen Kollegen „Geierchen” zur Hilfe gerufen: ein Schüler, Khalim, 16 Jahre, wird wohl seinen Schulabschluss nicht ohne weitere Nachhilfe schaffen. Dabei ist Khalim nicht zu dumm, er hat nur viel Pech: Mit Migrationshintergrund hat er eine Mutter, die selber kaum deutsch spricht, seine Kumpel kiffen tagein und tagaus und sprechen ebenfalls allerhöchstens Kiez-Dialekt. Sein Vater liegt momentan schwerst verletzt nach einem Unfall im künstlichen Koma, und sein Deutschlehrer ist eine völlig unmotivierte Lehrperson, die nur Gehorsam erwartet, und Schülern im allgemeinen wenig, und Schülern mit Migrationshintergrund quasi gar nichts zutraut.
Philipp kennt Khalim noch aus seiner Zeit als Grundschullehrer und willigt schnell ein, den Job als Nachhilfelehrer zu übernehmen.
Schnell stösst er dabei an seine Grenzen. Es gibt quasi keinerlei Grundlagen, auf die er aufbauen kann, und deutsch als Fremdsprache in nur einigen Monaten so weit zu beherrschen, um damit einen Schulabschluss zu schaffen, das glaubt Philipp am Anfang selber nicht. Dann aber fangen sowohl er wie auch Khalim Feuer. Und langsam aber sicher verändert sich die Kommunikation. Nur das „isch” statt „ich” kann Philipp nicht eliminieren. Dennoch entwickelt er einen guten Draht zu Khalim, und dann kommt die „größte Ehre für einen Nachhilfelehrer von einem Jugendlichen: eine Freundschaftsanfrage auf Facebook”.
Ganz reibungslos verläuft das Lernen natürlich nicht, und so verändert nicht nur Khalim sich im Laufe des Jahres.
Erneut wird wie in den Vorgänger-Bänden die Sprache der Jugendlichen in Schriftdeutsch festgehalten- den Sinn mancher Sätze erschließt man sich teilweise erst beim lauten (und manchmal mehrmaligen) Vorlesen. Dies ist lustig bis hin erschreckend, es macht aber durchweg den Anschein wahrer Authentizität. Diese lustigen Episoden lockern dann auch den teils recht traurigen Inhalt des Buches auf. Chancengleichheit besteht in einigen Vierteln Berlins (und übertragen in ganz Deutschland) einfach nicht, und so sind der Besuch auf der Polizeiwache und der Konsum von Drogen ebenso traurige Realität wie das fast schon erwartete Versagen im schulischen und daraufhin auch beruflichem Leben. Khalim wird erst klar, dass er tatsächlich fürs Leben lernt und nicht nur für die Schule (so abgedroschen es auch klingt), als er mit Philipps 4-jähriger Tochter Klara „Kaufladen” spielt, und sich von ihr Benimmregeln erklären lassen muss. Mit der Entdeckung der Leidenschaft fürs Kochen und der Aussicht auf einen Ausbildungsplatz wird dann auch Khalims Ehrgeiz geweckt, den Schulabschluss zu schaffen. Doch wäre dies ohne die mehr als engagierten Lehrer Geierchen und Philipp nicht möglich gewesen, und der Gedanke, wie viele junge Menschen einfach ohne Förderung durchs System rutschen, macht wirklich traurig.
Insgesamt wird wieder mit Kritik am Schulsystem aber auch an mancher Lehrperson nicht gespart, insgesamt erscheint das Buch aber tatsächlich wie ein abgeschlossener Roman, bei dem man am Ende ungeduldig mit Khalim mitfiebert.
Mir hat dieses Buch wirklich gefallen, es hat zum Nachdenken aber auch zum Lachen angeregt, und war dabei äußerst kurzweilig. Auch ernste Themen werden locker besprochen, ohne sie dabei herunterzuspielen.