Cirith Ungol aus Kalifornien sind wohl seit jeher als Geheimtipp bekannt. Bereits 1976 gegründet veröffentlichte man von 1980 bis 1991 insgesamt vier Studioalben. Seinerzeit von vielen belächelt avancierte man über die Jahre zur Kultband und gilt als einer der Begründer des Epic Metal.
Nun sei gesagt, dass Epic Metal in diesem Fall nicht bedeutet ein 80 Mann starkes Orchester inklusive drei Sopranistinnen hinter sich zu haben, sondern vor allem mit hymnischen und mitreißenden Riffs zu arbeiten. Die sich dadurch aufbauende Dramatik wird vor allem durch die einzigartige Stimme von Tim Baker unterstützt, der wohl wie kein zweiter den absoluten Wahnsinn in der Stimme hat und schon damals die Fähigkeit besaß den Hörer in eine düstere Fantasywelt zu entführen. Diese war zumeist die, des tragischen Helden Elric von Meniboné des Schriftstellers Michael Moorcock, der auch auf jeder Veröffentlichung der Band zu finden ist.
Nachdem man sich 1991 aufgelöst und schließlich 2016 reformiert hatte, veröffentlichte man 2020 mit „Forever Black“ ein vielbeachtetes Comeback Album, dem man nun die 4-Track EP „Half past Human“ folgen lässt.
Wie auch schon 2020 zeigen Cirith Ungol, dass die vergangenen 30 Jahre vollkommen spurlos an ihnen vorbeigegangen sind. Mit „Route 666“ steigt man direkt mit Vollgas ein und präsentiert dem Hörer erneut diesen völlig eigenständigen Stil, der irgendwo zwischen 70er Jahre Rock, Iron Maiden in der Mitte der 80er und einem düsteren Unterton liegt. Mit „Shelob´s Lair“ geht es dann in die Welt von J.R.R. Tolkiens „Herr der Ringe“. Die Nummer besticht durch einen coolen Groove, der sich immer wieder mit fantastischen Gitarrenläufen abwechselt und dabei einen wunderbaren Charme versprüht, wie man ihn zuletzt in den glorreichen 80ern gehört hat. Es folgt „Brutish Manchild“ dass mit recht wenig Gesang daherkommt, bei dem sich die beiden Gitarristen Jim Barazza und Greg Lindstrom jedoch die Bälle gekonnt zuspielen und einige sehr schöne Riffs aus dem Ärmel schütteln. Den Höhepunkt bietet allerdings der abschließende Titeltrack. Von einer verträumten Akustikgitarre eingeleitet, steigert sich der Song über die erste Strophe zu einer düsteren Endzeitsymphonie in der Tim Baker sein Organ perfekt zum Einsatz bringt und sich immer mehr in die dystopischen Lyrics hineinsteigert. Einfach fantastisch.
Wie auch schon sein Vorgänger wurde „Half past Human“ in den Captain´s Quarters aufgenommen. Der Sound ist jederzeit druckvoll und, was für den Stil von Cirith Ungol sehr wichtig ist, bringt jedes einzelne Instrument hervorragend zu Geltung. So kann sich die Dramatik und epische Stimmung perfekt entfalten und die EP wird zu einem grandiosen Hörgenuß, der auch mehrmals hintereinander im Player rotieren kann.
Manche Reunions müssen einfach sein. Denn Cirith Ungol zeigen vielen neuen Bands der letzten Jahre in perfektion wie man guten, melodiösen Metal macht. Dabei halten die Amerikaner ohne Kompromisse an ihrem Ur-eigenen Stil fest und gehen keinerlei Kompromisse ein. Ein Zustand der vielen Newcomern leider völlig abgeht und wieder einmal bestätigt warum die alten Helden auch nach wie vor ihre Daseinsberechtigung haben. Auf diesem Level dürfen Cirith Ungol gerne weitermachen.