Das Label Grand Hotel van Cleef, von Thees Uhlmann, Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff, ist landläufig als Heimat für Indierock, oft in deutscher Sprache, bekannt. Mit dem Signing von Chaoze One, dass das Label kürzlich bekannt gab, nimmt GHvC, wie das Label abgekürzt wird, jetzt erstmals einen Rapper unter Vertrag. Warum das trotzdem nicht besser passen könnte, verrät das Hörbuch “Spielverderber”.
Chaoze One, bürgerlicher Name Jan Hertel, veröffentlicht bereits 2000 Musik und konnte sich einen Namen machen. In der Info heißt es weiterhin: “Seine Sozialisation fand parallel zu der der GHvC-Gründer statt, an mehreren Punkten gab es Überschneidungen, vor allem politisch: “Wir sind in Richtung Punk abgebogen, Jan in Richtung Hip Hop” heißt es aus Hamburg. Kennen und schätzen tut man sich also schon lang.”
Und weiter: “Bevor 2021 ein neues CHAOZE ONE Album bei Grand Hotel van Cleef erscheint, ist ab sofort das Hörbuch zu Hertels Buch “Spielverderber – Mein Leben zwischen Rap & Antifa” bei allen Streamingdiensten verfügbar.”
Grand Hotel van Cleef zum Signing von Chaoze One:
“Wir machen das hier mit Musik und Platten und Konzerten ja schon ein paar Tage. Und bevor wir das so offiziell angefangen haben, haben wir das ja auch schon ein paar Tage gemacht. Die Meisten wissen es eh, wir sind Punks und kommen aus der Hardcoreszene der 90er-Jahre.
Dort haben wir uns a) nicht nur kennengelernt, sondern b) auch alles gelernt, was uns heute noch heillig ist. Jaja, das haben wir schon oft erzählt. Warum uns das heute nochmal wichtig ist, ist folgende Tatsache:
Wir haben uns im Sommer 2020 im schönsten Kleingarten in der Kölner Nordstadt mit dem Rapper Jan Hertel a.k.a. Chaoze One getroffen.
Warum? Genau davon wollen wir nun berichten. Chaoze One hat ein Buch geschrieben. Es heißt “Spielverderber – Mein Leben zwischen Antifa und Rap”
Am schönsten Badesee Hamburgs haben wir dieses Buch gelesen, und uns über so viele autobiographische Parallelen gefreut, von denen wir einige im Folgenden mit euch teilen wollen. Wir sind in jungen Jahren Richtung Punk abgebogen und Jan in Richtung Hip Hop, aber das Buch hat uns gezeigt, dass das gar kein so großer Unterschied ist.
COVER
Man muss nicht der Marcel Reich-Ranicki der bildeneden Kunst sein, um zu sehen, dass das Cover des C1-Buches ein direkter Verweis auf das Cover der zweiten “… But Alive”-Platte “Nicht zynisch werden?!” ist. …But Alive, die Punkband von Marcus Wiebusch, war irgendwie ja auch die Urzelle, über die wir uns alle kennengelernt hatten, und aus deren Ursuppe nicht nur Kettcar sondern auch das GHvC entstehen sollte.
Egal, denn auf den Covern der ersten drei …But Alive-Platten finden sich allesamt Kunstwerke des amerikanischen Zeichenküstlers Eric Drooker, und wie wir jetzt feststellen können, hingen die Poster seiner Kunst nicht nur in unseren eigenen Kinderzimmern und Revoluzzer-WGs, sondern eben auch bei Jan und Co.
DER PANTHER
Marcus und Reimer spielten vor Kettcar ja schon mal zusammen in einer Band, nämlich Rantanplan. Auf der zweiten Rantanplan-Platte “Köpfer” findet sich eine Vertonung des Rainer Maria Rilke Gedichts “Der Panther” und – guess what – genau zur selben Zeit hat
a) Jan im Café Zentral im Kickern gegen Reimer und die alte Frau Ramaganausgas im Kickern gewonnen,
b) dasselbe Gedicht vertont, wie ihr auf der erste Chaoze One Platte “Rapression” nachhören könnt.
Überhaupt sind wir uns eh – damals noch unbekannterweise – über den Weg gelaufen, aber ab sofort tauchte der Name Chaoze One immer wieder in unserem Umfeld auf.
Q-HOF KÖLN
Köln spielt in der Geschicht des GHvC ja eh eine große Rolle. Nicht nur, dass wir da einige unserer schönste (und meisten) Konzerte gespielt haben, dass wir so viele Freundschaften in die Stadt haben, nein, wir haben in Köln auch ein kleines Schwesterbüro. Warum?
Köln war immer gut zu uns. Thees hat hier studiert. (Im Übrigen zusammen mit Hannes Loh. Hip Hop KennerInnen wird der Name “Anarchist Academy” etwas sagen.)
Rainer und Danny haben die Hälften ihrer Leben in der Stadt verbracht. Jahrelang wurden unsere Konzerte von Köln aus gebucht. In den “We call them Punkrock”-Jahre war das kreative Punkrock DIY-Zentrum das Kunsthaus Rhenania rund um die Kneipe Q-Hof. Dort lernten sich Marcus und Rainer, Danny und Rainer, Thees und Rainer und Reimer und Rainer kennen. Im Q-Hof war auch Jan das ein ums andere Mal, weil er sich dort mit seinen Hip Hop-MitstreiterInnen traf, um gemeinsame Projekte zu planen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Rainer während der Treffen a) entweder hinter dem Tresen stand und sich weigerte Milchkaffe zuzubereiten oder b) vor dem Tresen sass und große Kölsch trank ist bei 100%.
DAS SIND NICHT NUR DIE 90ER
Es ist ja auch einfach so, dass Punkrock und (zumindestens der politische Teil) des frühen deutschsprachigen HipHops, sich nicht nur in ihrer politischen Haltung ähnelten, sondern eben auch in der selben Infrastruktur passierten.
So ist es alles andere als Zufall, dass Chaoze One seine bisherigen Platten bei dem eher für seine Punkplatten bekannte Label “Twisted Chords” herausgebracht hat. Auf der der Demo gegen die Räumung des Karlsruher autonomen Kultur- und Wohnprojektes „Steffi“ performte vom fahrenden LKW dann Chaoze One für uns.
EDELWEIßPIRATEN
So richtig hat sich der Name Chaoze One aber erst mit seinem zweiten Album “Fame” von 2007 ins Hirn gebrannt. Nicht etwa weil Rap.de schon im Januar das Album des Jahres prognostizierte, sondern weil sich darauf ein Song namens “Edelweißpiraten sind treu” befand. Nicht nur für die KölnerInnen unter uns war das Erbe der jugendlichen NS-Widerstandsgruppe von großer Bedeutung.
MOVE AGAINST G8
2007 war es eben auch, dass Kettcar und Chaoze One sich gegen den G8-Gipfel in Heilligenhafen stark machten. Mit Konzerten. Und auf Demos. Zum ersten Mal, dass wir wirklich länger sprachen uns uns gegenseitig erzählten, dass wir ganz gut finden, was der und die anderen machen. Dabei ist es bis heute geblieben.
LETZTES KAPITEL
Nach seinem letzten Album “Letztes Kapitel” ist es dann etwas ruhiger um Chaoze One geworden. Als er bei Facebook aber vor ein paar Monaten schrieb, dass er eine neue Platte fertig geschrieben hätte, beglückwünschten wir ihn natürlich. Sofort kam eine PN mit “Wollt Ihr hören?”
All diese Geschichten und noch ein paar mehr (wie z.B die mit der Gänsehaut, als wir den ersten Song der neuen Platte hörten) haben wir uns in eben diesem wunderschönen Kleingarten im Kölner Norden erzählt und haben relativ schnell beschlossen dass wir ab jetzt gemeinsame Sache machen wollen.
Das erste Ergebis ist das Hörbuch von Jan’s “Spielverderber – Mein Leben zwischen Antifa und Rap”, dass es aber sofort bei allen Streaming-Anbietern gibt.
Hätten wir ein Buch über unsere Leben geschrieben, hätte es sehr gut heissen können “Unser Leben zwischen Antifa und Punk”, will heissen: Scheissegal ob Punk oder Hip Hop. Es geht um mehr. Viel mehr.”