Jedes Comicuniversum das was auf sich hält muss Geschichten aus einer alternativen Realität haben. Bei Marvel sind es die „Was wäre wenn…?” Geschichten, während sich bei DC vor vielen Jahren die Elseworlds Geschichten eingeführt hat. Als erste Geschichte der Elseworlds gilt „Batman: Gotham by Gaslight” von Comicautor Brian Augustyn und Zeichner Mike Mignola. Doch auch im Vorfeld gab schon viele Geschichten, die in einem parallelen DC Universum spielten. Eine der berühmtesten ist Alan Moores „Whatever happened to the Man of Tomorrow”.
Im Jahre 2003 konnte der Schotte Mark Millar seinen Beitrag zu den alternativen Universen leisten. Schon früher hatte Millar für DC gearbeitet, war aber zu dem Zeitpunkt aber eher mit der Expansion des Ultimativen Universums bei Marvel beschäftigt. Trotzdem hat er Zeit gefunden zusammen mit den Zeichnern Dave Johnson und Kilian Plunkett eine außergewöhnliche Superman Geschichte zu verfassen.
Man stelle sich vor der Planet Krypton ist explodiert und eine Rakete wurde mit dem letzten überlebenden Kryptonier auf die Erde geschickt. So weit ist alles noch ähnlich der Originalgeschichte von Schuster und Siegel. Doch in Millars Version landet die Rakete nicht in Kansas, sondern in Sibirien. Daher wächst Superman nicht bei Jonathan und Martha Kent auf, sondern in einer russischen Kolchose.
In der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts tritt der sowjetische Superman dann zum ersten Mal ins Licht der Öffentlichkeit. Russland und Amerika sind durch die unterschiedlichen politischen Ausrichtungen nicht gerade die besten Freunde, so dass die Amerikaner sofort eine Bedrohung in dem neuen Helden sehen. Doch Superman kennt trotz seiner Erziehung keine politischen Grenzen und hilft allen Menschen der Erde – auch den Amerikanern.
Diesen Zustand nutz der Leiter der Star Labs Lex Luthor um weitere Informationen über Superman zu sammeln. Im Laufe der Zeit entwickelt Luthor eine wahre Obsession darin den Stählernen zu vernichten und entwickelt viele Gegner die Superman stürzen sollen.
Doch auch Superman ist nicht untätig. Nach dem gewaltsamen Tode von Stalin, sieht die Parteispitze ihn als Kopf der Sowjetunion. Zuerst lehnt er dieses Angebot ab, doch dann sieht er das Leiden der Menschen auf der Straße. Um dies zu ändern nimmt er die Position an und erweitert im Laufe der Zeit seinen Einflussbereich über ganz Europa.
Scheinbar ist jeder mit dem neuen System zufrieden. Wäre da nicht der Aufwiegler Batman der alles daransetzt um Superman zu stürzen sowie Lex Luthor in den USA, der den wundersamen Ring der Green Lantern in seine Hände bekommt. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt und nur eine Person kann diesen Kampf überleben.
Auch wenn der kalte Krieg im Jahr 2003 eigentlich schon dreizehn Jahre vorbei war, hat Mark Millar mit seiner Geschichte genau die Ängste und Befürchtungen getroffen, welche die Amerikaner zu dieser Zeit immer hatten. Natürlich gab und gibt es keinen unbesiegbaren Supermann, doch der Wettlauf um die alles vernichtende Waffe hat lange Jahre das Verhältnis dieser beiden Länder beherrscht.
In dieser Geschichte übernimmt Superman die Regierungsgeschäfte und möchte der ganzen Welt den Kommunismus als Herrschaftsform aufzwingen. Dabei geht er aber nicht mit Gewalt, sondern mit Worten vor und überredet die Länder sich ihm anzuschließen. Doch wie jeder andere Despot auch wird jeder umgepolt oder ausradiert, der nicht der gleichen Ansicht ist wie Superman.
Die Umsetzung der Geschichte konnte mit Dave Johnson und Kilian Plunkett in keine besseren Hände gelegt werden. Die Zeichnungen sind ein wenig kantig und die Farbgebung von Paul Mounts drückt genau das Gefühl und den Gedanken aus, den man als Amerikaner mit der Sowjetunion verbindet – grau und kraftlos.
„Genosse Superman” (oder „Superman: Red Son” im Original) ist ein zeitloser Klassiker der nun, nachdem die erste Ausgabe schnell vergriffen war, als Neuauflage im Rahmen der DC Paperbacks veröffentlicht wurde. Durch die politische Brisanz ist die Story nicht nur wegen ihrer ansprechenden Bilder und der gut durchdachten Handlung ansprechend, sondern auch durch die politischen Hintergründe.