„Vorhang auf für eine Leiche“ vom Autor Alan Bradley ist der 4. Band seiner Reihe um die junge Flavia de Luce.
Flavia ist eine Halbwaise, deren Mutter bereits verstorben ist, als sie noch ganz klein war. Dies machen ihr ihre beiden größeren Schwestern Ophelia und Daffy immer wieder zum Vorwurf, ihr Verhältnis untereinander ist mehr als unterkühlt. Flavias Vater hat sich ganz abgekapselt und lebt hauptsächlich für seine Briefmarkenleidenschaft. In der Nachkriegszeit ist es aber zunehmend, schwierig das große Anwesen Buckshaw finanziell vernünftig zu unterhalten, und so verkommt es in Teilen bereits merklich. Gute Seele des Hauses und Flavias bester Freund und Vertrauter ist Dogger. Einst mit ihrem Vater aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, lebt er oft in seiner eigenen Gedankenwelt, hat häufig Alpträume, ist aber wenn nötig immer für Flavia da, und scheint in seinen lichten Momenten einen immensen Erfahrungsschatz in Medizin und Chemie zu besitzen. Flavia selbst tüftelt am liebsten in dem gut ausgestatteten Chemielabor ihres verstorbenen Onkels.
Kurz vor Weihnachten macht Flavia sich gerade Gedanken darüber, wie sie es schaffen kann, den Weihnachtsmann auf seinem Weg durch den Schornstein festzusetzen und knobelt eine Leimmischung aus, die sie auf dem Dach verteilen möchte.
Derweil bezieht eine Filmcrew aus London einige Zimmer auf Buckshaw. Das Geld war dringend vonnöten, und so lassen die de Luces zähneknirschend die Fremden in ihr Heim. Flavia freut die Ablenkung natürlich, und so beobachtet sie alles sehr genau. Die Hauptdarstellerin ist die berühmte Phyllis Wyvern, die allerlei Starallüren aufweist. Dennoch lässt sie sich breitschlagen, zu wohltätigen Zwecken in der Halle von Buckshaw eine Kostprobe ihres Könnens zu geben, und so versammeln sich fast alle Dorfbewohner und bestaunen die Balkonszene von Shakespeares „Romeo und Julia“. Aufgrund eines Schneesturms müssen die Dorfbewohner die Nacht in der Halle verbringen, was notdürftig funktioniert. Doch am nächsten Tag findet Flavia Phyllis Wyvern erdrosselt in ihrem Zimmer auf, und das ganze Haus ist voll mit Verdächtigen…
„Vorhang auf für eine Leiche“ führt die Reihe um die Hobbydetektivin Flavia de Luce nahtlos fort. Flavia ist immer noch jung, aber kann nun schon auf eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Kriminalfällen, speziell Morden zurückblicken. Auch kennt sie bereits den Inspektor Hewitt, mit dem sie wetteifert und den sie gerne mit ihren klugen Schlussfolgerungen überraschen möchte. Flavia entwickelt sich stetig fort, im Verlauf der einzelnen Bände ist dies deutlich zu sehen.
Als Leser sucht man zusammen mit Flavia nach Indizien und ist immer auf ihrem Wissensstand. Der Fall selber ist spannend, jedoch ist auch mal wieder die Beschreibung der vielen Kleinigkeiten der Nachkriegszeit in England das, was das Buch so lebendig macht. Man hat großes Mitleid mit Flavia über die Gefühlskälte ihrer Schwestern, jedoch lässt sich dies schnell wieder vergessen, wenn Flavia über ihre Rachepläne mit diversen Giften und Abführmitteln sinniert. Mit anderen Worten: neben einem durchaus spannendem und kurzweiligem Kriminalroman, dessen Showdown auf dem mit Leim präpariertem Dach von Buckshaw stattfindet, sind es ganz viele Momente, die einen schmunzeln lassen. Flavia eckt mit ihrer altklugen Art bei vielen an, doch ist sie im Herzen unfassbar einsam. Dennoch ist sie aufmerksam genug, um einige Einzelheiten zu erkennen und in den richtigen Zusammenhang zu bringen.
Insgesamt ist „Vorhang auf für eine Leiche“ ein würdiger Band in der Reihe um Flavia de Luce, der mittlerweile schon ganze 9 Bände umfasst.
Meine Meinung: 9 von 10 Punkten