„Die maskierte Stadt“ ist der zweite Band einer Reihe von Genevieve Cogman um die Geheimnisse der “unsichtbaren Bibliothek“ (Teil 1).
Die Bibliothek verknüpft verschiedene Welten, die in sich in verschiedenen Zeiten und Fortschritten leben, mit einem jeweils unterschiedlich hohen Grad an Magie und Chaos. Je höher das Chaos, desto größer ist die macht der Elfen, und desto weniger gut verträgt sich dies mit den Bibliothekaren, die entweder in die Welten geschickt werden, um dauerhaft dort Recherchen zu betreiben, oder um im Sinne einer kurzen Mission ein bestimmtes Buch aus einer Welt zu besorgen- mitunter auch dreist zu stehlen-, um damit das Gleichgewicht der Kräfte in den Welten aufrecht zu erhalten.
Irene war als Bibliothekarin im ersten Band auf so einer Mission mit ihrem „Auszubildenden“ Kai, und hat sich nun verdient in dieser Welt zu bleiben, und weitere Aufträge dort zu übernehmen. Unterstützt wird sie von ihrem mittlerweile guten Freund Vale, einem Privatdetektiv in dieser Version eines weitestgehend viktorianischen Londons.
Kai wird nun in einen Hinterhalt gelockt und entführt. Das zusätzlich prekäre daran, abgesehen davon dass Irene sich wohl vor der Bibliothek rechtfertigen muss, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben, ist, dass Kai der Sohn eines bedeutenden Drachenkönigs ist. Die Drachen stehen neben der Bibliothek für das Gleichgewicht am anderen Ende des Chaos. Irene findet schnell heraus, dass ein recht einflussreicher Elf Drahtzieher der Entführung ist, und den Drachen nun in einer besonders Chaos-dominierten Version eines Venedigs festhält. Weder die Kräfte der Drachen noch die der Bibliothek reichen dorthin, und so steht Irene recht alleine vor der Aufgabe, Kai rechtzeitig zu befreien und einen möglichen Krieg zwischen den Elfen und den Drachen zu verhindern.
Der zweite Teil der Reihe um die „unsichtbare Bibliothek“ von Genevieve Cogman war erneut mitreißend. Wenn auch der Anfang für mich erst etwas schleppend anlief, nahm die Geschichte doch immer mehr Fahrt auf. Die fantastischen Elemente mit Elfen und Drachen waren zwar beherrschendes Thema, dennoch sind die Welten hauptsächlich von Menschen bevölkert, und insofern läuft das Leben in den Welten zwar mit einigen Sonderlichkeiten, im Großen und Ganzen aber in einem „normalen“ Rahmen ab. Es können zwar immer mal wieder z.B. Werwölfe auftreten, und Irene kann die „Sprache“ benutzen, mit der sie Dingen Befehle geben kann (z.B. Türen sich zu öffnen, Metall sich zu verbiegen usw.), aber ansonsten ist Irene hauptsächlich auf ihre „menschlichen“ Fähigkeiten angewiesen. Insofern ist sie als Hauptperson auch kein allwissender Superheld, sondern versucht, die Dinge bestmöglich zu meistern. Dadurch kommt sie dem Leser recht nah.
Auch ist erneut die neue Welt, in diesem Band Venedig, wunderbar beschrieben. Es herrscht ewiger Karneval in der Stadt, und so sind die meisten Menschen fast die ganze Zeit maskiert, es lauern überall Argwohn und Angst vor Spionage. Die Handlung ist spannend, und mit einigen Höhepunkten besetzt, vor allem der Weg in die Kerker ist beeindruckend. Wenn ich auch gewünscht hätte, etwas mehr über die Bibliothek zu erfahren, wird hier- quasi so nebenbei- ein wenig das Weltengefüge erklärt, dass nämlich ganz hochgestellte Elfen auf der einen dunklen, chaotischen Seite stehen, und auf der anderen die Ordnung und Gleichgewicht schaffenden Drachen. Inwiefern die Bibliothekdazu gehört, oder ob sie eher ausführendes Organ ist, wird hoffentlich im nächsten Band weiter erklärt, auf den ich schon jetzt gespannt warte (Band 3 „Die flammende Welt“ erscheint im März 2017).
Als Zusatz gab es in “Die maskierte Stadt” noch ein paar Extra-Informationen zu Irene und ein kurzes Interview mit der Autorin Genevieve Cogman.