Auch den zweiten Band „Das Vermächtnis der Runen” (Band 1: „Die Bruderschaft der Runen”) lässt Michael Peinkofer wieder hauptsächlich im Schottland des Jahres 1826 spielen, zur Zeit des schottischen Autors Sir Walter Scott. Doch dieser fällt bereits am Anfang des Buches einem hinterhältigen Attentat zum Opfer.
Zur Testamentseröffnung reist auch Scotts Neffe Quentin zusammen mit seiner Ehefrau Mary aus Amerika an. Quentin wurde zum Nachlassverwalter ernannt, und durchforstet nun die Finanzen von Walter Scott. Mit der Wirtschaftskrise, die Schottland momentan in seinem Griff hat, hat sich auch Scott viele Schulden gemacht, vor allem auch bei reichen Engländern, die nun ihr Geld einfordern.Besonders ein Gläubiger ist stark versessen darauf, statt einer Auszahlung das Gut Abbortsford zu erwerben.
Gleichzeitig muss sich Quentin noch um eine junge Frau mit französischem Akzent kümmern, die mit vollständigem Gedächtnisverlust auf dem selben Schiff von Amerika einreiste wie Quentin und Mary. Da sich Mary mittlerweile mit Brighid angefreundet hat, übernimmt Quentin eine Bürgschaft für die Einreise, da Brighid keinen Pass bei sich führt.
Zudem beginnt die „Bruderschaft der Runen” wieder damit, sich verhüllt in dunklen Mänteln und hinter Masken versteckt an abgeschiedenen Orten zu treffen. Dies beginnt zunächst nur zögerlich, ist doch die Angst vor erneuter Verfolgung groß. (Zum Ende des ersten Bandes wurde die Bruderschaft zerschlagen, und die Rädelsführer verhaftet). Jedoch folgen sie dem Ruf, sich unter der Führung der letzten Erbin der Stewarts zu neuer Kraft zu vereinigen, und die Befreiung Schottlands von den Engländern voran zu treiben.
Immer wieder werden in Rückblenden auch kurze Episoden aus dem Leben der jungen Serena erzählt, die im Jahr 1784 in Florenz beim Herzog von Albany und seiner Tochter in Diensten tritt. Im Hause gehen vor allem nachts seltsame Gestalten ein und aus, und eines Tages findet Serena unvermutet eine Leiche im Keller. Aus Angst behält sie aber Stillschweigen darüber, denn über dem Haus wacht der unheimliche Diener Manus. Bereits im Prolog erfährt der Leser, dass eben dieser Manus 10 Jahre später Serena erwürgen wird. Den Grund dafür erfährt man nun stückchenweise verteilt im Rest des Buches.
Insgesamt ein guter Roman, der recht kurzweilig geschrieben ist. Die verschiedenen Handlungsstränge verflechten sich im Laufe immer mehr, bis man versteht, um was es tatsächlich geht: die Rache an Sir Walter Scott mit dessen vollständiger Vernichtung. Dies vor dem Hintergrund einer Finanzkrise, die Schottland zu zerstören droht („mit Waffen konnten die Engländer uns nicht einnehmen”), und die heute so aktuell wirkt wie zur damaligen Zeit.
Die Verschwörer sind breit aufgestellt, und so manche Wendung in der Geschichte war wenig vorhersehbar und geschickt vorbereitet. Der Großteil der Geschichte plätschert allerdings sehr vor sich hin. So fragt man sich z.B. wiederholt, wie naiv und leichtgläubig sowohl Quentin wie auch Mary sind (auch wenn sie im Vergleich deutlich erwachsener geworden sind), oder wie schnell Mary plötzlich aus ihren Depressionen befreit werden konnte. Wer tatsächlich Drahtzieher der Verschwörung ist, lässt sich lange nur erahnen, überrascht aber bei der Auflösung nur wenig.
Der größte Clou (Achtung Spoiler!), nämlich die Tatsache, dass Walter Scott das Attentat überlebt hat, und nun selbst auf Tätersuche geht, war auch schon lange vorher absehbar- leider hätte das Buch auch nur mit Quentin als recht blasse Hauptperson nicht funktioniert. Die Charaktere sind allesamt etwas lieblos und wenig ausgefeilt, hier lohnt es sich zum Verständnis der Interaktionen der Hauptpersonen auf jeden Fall, vorher den ersten Band gelesen zu haben. Ansonsten kann man das Buch aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes verstehen.
Insgesamt eine nette Fortführung der Geschichte des ersten Bandes, wenn auch zum Teil etwas stark vorhersehbar. Besser gefallen hat mir die historische Einbettung mit der Finanzkrise und den Anhängern der schottischen Königslinie, sowie der weitestgehende Verzicht des Übersinnlichen.
Fazit: Recht spannend und kurzweilig, gut geeignet für die schnelle Lektüre.