Im Roman „Das Los” werden zunächst Momente im Leben von vier völlig verschiedenen Personen geschildert. Und unterschiedlicher könnten die Lebenssituationen nicht sein: da ist Trisha, eine junge Engländerin, die als Pokerspielerin bereits jede Menge Geld verloren hat, und nun erneut ihre Eltern um Geld betrügt, dass sie braucht, um an einem großen Pokerspiel in Las Vegas teilnehmen zu können. Henri sitzt momentan in Hamburg wegen Betruges im Gefängnis, und ist dort als eine Art Anwalt hinter Gittern einigermaßen angesehen. Dennoch hat er noch eine lange Haftstrafe vor sich. Als dritter wird Carter Fields beschrieben. Er ist ein Investment-Banker, der Millionen an Geldern seiner Kunden verspekuliert hat. Als letztes ist da noch Pradeep Kottayil, der in Indien als Straßenjunge überleben muss, bzw. ein paar Jahre später als Arbeiter in einem Slum irgendwie seine Familie durchbringen muss.
In einem Zeitsprung zurück ins Jahr 1763 zum Ende des Siebenjährigen Krieges wird die Geschichte des Italieners Calzabigi beschrieben. Er versucht, dem König den Aufbau einer Lotterie schmackhaft zu machen. Dies hatte er schon mit eher zweifelhaftem Ende in Brüssel und London versucht. Nun also in Berlin, der König verlangt aber als Garantie dafür, dass auf jeden Fall die Krone an der Lotterie Gewinn macht, Calzabigis Leben als Pfand.
Zurück in der jetzigen Zeit überbringt ein geheimnisvoller Mönch an die vier oben beschriebenen Personen jeweils ein Los einer bereits extrem alten Lotterie. Die Lose gehen jeweils an die nächste Generation über, wenn sie nicht angenommen oder „gezeichnet” werden. Einsatz ist nicht weniger als alles, was man besitzt, und der lockende Gewinn ist dafür ein „Preis von unermesslichem Wert”.
Dann jedoch geschieht ein Mord, und es stellt sich die Frage, ob und wie die Ziehung der Lotterie ausfallen wird.
Leider kam für mich das Buch nicht wirklich in Schwung. Bis die Lose überbracht worden sind, ist bereits mehr als das halbe Buch nötig gewesen. Die Beschreibung der Lebenssituationen der vier Spieler war natürlich notwendig, aber dennoch sehr detailliert und in gewisser Form langatmig. Es kam mir fast vor wie eine extrem lang gehaltene Einleitung. Denn schon alleine durch den Titel des Buches „Das Los” ist ja von Beginn an klar, dass es schlussendlich eben um Lose in irgendeiner Form geht. Interessant ist der historische Rückblick, also die Beschreibung der Einführung der Lotterie, welche Kniffe und Tricks sich Calzabigi ausdenkt, damit sie auch Erfolg hat. Auch wenn er gegen starke Intriganten anarbeiten muss.
Spannung kommt jedoch schon alleine dadurch auf, weil man sich ständig die Frage stellt, was genau es denn nun mit dieser Lotterie auf sich hat. Warum haben immerhin einige Generationen die Teilnahme abgelehnt? Wo ist der Haken an der Sache, immerhin ist nur Trisha diejenige, die tatsächlich viel zu verlieren hat. Oder ist der Einsatz doch höher als gedacht? Schließlich gibt es auf dem Buchumschlag noch eine Art Untertitel („Für was bist du bereit, deine Seele zu verkaufen?”). Dieser weckte mehrere Assoziationen bzw. Vermutungen über die Art der Lotterie bei mir, die alle nicht zutrafen.
Insgesamt leuchtete mir die Einordnung des Buches in das Genre „Thriller” nicht wirklich ein. Vielleicht habe ich daher aber auch einfach mehr Spannung erwartet. Ohne diese Erwartungshaltung wäre ich vielleicht ganz anders an das Buch herangegangen. Sprachlich ist es solide geschrieben, und lässt sich eigentlich flüssig und leicht lesen. Nur geht die Handlung eben einfach zu schleppend voran. Am spannendsten war noch die Beschreibung von Pradeeps Lebenssituation. Völlig betroffen liest man über seinen Kampf gegen die Armut, und für seine Familie, bis hin zu seiner größten Verzweiflung, wo er, um an Geld für die medizinische Behandlung seiner Tochter zu kommen, sogar seine Niere verkaufen möchte.
Theoretisch findet sich alles im Buch: Mord, Intrigen, Gier, Liebe, Verrat, Aktienbetrug und Organhandel. Dennoch bleibt es insgesamt eher ein mäßig spannendes Buch, das nur sehr schwer Fahrt aufnimmt. Das Ende wird dann etwas spannender, und ich wollte schon wissen, wie es nun ausgeht, aber leider war das dann etwas wenig im Vergleich zu der Länge des Buches.