Es gibt nur wenige Bands im Bereich des klassischen Heavy Metal, denen Experimente wirklich gut getan haben. Das mag zum einen an der recht geringen Toleranz von einem Großteil der Metal Fans liegen, zum anderen aber mit Sicherheit auch daran, dass viele Bands aus diesem Bereich ihre Experimente gehörig in den Sand gesetzt haben.
Das deutsche Heavy Metal Quintett Rebellion hat sich zu Anfang des Jahres aufgemacht einweiteres Werk des englischen Schriftstellers William Shakespeare in musikalischer Form zu veröffentlichen. Diesmal hat man sich dabei für King Lear (dass als das berühmteste Werk seines Verfassers zählt) entschieden. Nun ist King Lear weit von dem entfernt, was Heavy bzw. Power Metal Bands als lyrische Inspiration für ihre Alben bevorzugen. Und ebenso ist “A Tragedy in Steel Part 2: Shakespeare´s King Lear” weit davon entfernt ein normales Rebellion Album zu sein.
So klingen die Musiker um Bassist und Bandleader Thomas Göttlich anno 2018 weitaus düsterer, ja fast schon doomig, als in der Vergangenheit. Dabei ist “Lear” auch eine Hommage an die großen Rock Bands der letzten Dekaden. Bei viele Songs kann man deutliche Einflüsse von Black Sabbath heraushören.
Dabei verlieren Rebellion niemals die eigenen Wurzeln und Trademarks aus den Augen und mischen ihren düsteren Sound mit jeder Menge technischer Finesse und diesen eingängigen Melodien die wohl nur sie selbst zu schreiben im Stande sind. Das Ganze wird gespickt mit herausragenden Refrains und (wie beim ersten Shakespeare Ausflug MacBeth) tollen Hörpspielpassagen. So kann man beim überragenden “The Mad shall lead the Blind” Zeuge werden wie Lord Gloucester die Augen herausgeschnitten werden.
Zum Ende hat man sich allerdings noch mal ein ganz besonderes Schmankerl aufgehoben. Die Power Ballade “Farewell” fasst perfekt die Geschehnisse der vergangenen knapp 66 Minuten zusammen. Hier kann auch Sänger Michael Seifert ein weiteres Mal beweisen, was für ein großartiger Vokalist er ist. Denn obwohl auch hier seine Stimme, wie auf fast dem gesamten Album, extrem rau und tief aus den Boxen schallt, transportiert er den Wahnsinn und das Drama der Geschichte mit gekonnten Gesangsmelodien auf eine einzigartige Weise.
Am Ende bleibt wohl nur zu sagen, dass “King Lear” ein Album ist auf das man sich einlassen muss und das durchaus den ein oder anderen Durchlauf braucht um seine volle Wirkung zu entfalten. Hier bekommt man keinen 0815 Power Metal vorgesetzt. Hier wird auf anspruchsvolle Weise ein großes Stück Literaturgeschichte musikalisch dargeboten. “King Lear” ist auf jeden Fall ein Album das mindestens einmal pro Tag durch meinen Player läuft und mit großer Wahrscheinlichkeit der beste Rebellion Output bisher. Für mich jetzt schon das Album des Jahres.