Der historische Roman „Narren und Sterbliche“ spielt im Jahr 1595 in London und dreht sich vornehmlich um die beiden Brüder William und Richard Shakespeare.
Richard, der jüngere Bruder ist seinem Bruder nach London gefolgt, um einer gewalttätigen Knechtschaft zu entgehen. William ist zunächst nicht erfreut, Richard zu sehen. Er bringt ihn in einer Knabenschauspielschule unter, und geht erstmal seiner Wege. Mit einigen Teilhabern hat er in der Zwischenzeit ein Schauspielhaus eröffnet. Auch Richard wird dort Schauspieler, und spielt zunächst die weiblichen Rollen, denn Frauen hatten zu dieser Zeit kein Recht, auf der Bühne aufzutreten.
Richard ist mit seinen Rollen aber langsam unzufrieden, immer wieder gerät er mit William aneinander. Zudem verdient er bei weitem nicht genug für seinen Unterhalt, er bessert sich seine Einkünfte durch gelegentliche Diebereien auf. Und dann lockt doch noch die Konkurrenz.
Es besteht bereits ein verbitterter Kampf um Zuschauer bei den bestehenden Schauspieltruppen, doch zudem wird in nicht allzu großer Entfernung ein riesiges neues Schauspielhaus gebaut. Und die Betreiber suchen noch Schauspieler. Sie machen auch Richard ein verlockendes Angebot. Er müsse einzig ein Manuskript von Williams neuestem Stück besorgen.
Doch obwohl William seinen Bruder nie wirklich gut behandelt hat, kann Richard ihn nicht verraten. Außerdem stehen die Proben zu einem wichtigen Stück an: der Sommernachtstraum soll auf einer Hochzeit uraufgeführt werden. Doch dann geschieht das unfassbare: das Manuskript wird gestohlen. Richard macht sich neben den Proben auf die Suche und begegnet in London allerlei Schurken, die es alle rücksichtslos nur auf das eigene Wohl abgesehen haben.
„Narren und Sterbliche“ ist vor allem ein grandioses Bild von London zum Ende des 16. Jahrhunderts. Die Beschreibung der Lebensumstände nimmt auch einen deutlichen Raum vor allem zu Beginn der Geschichte ein, aber so entsteht eine gewaltige Bühne für die folgende Geschichte. Und in dieser steht nicht William, sondern sein Bruder Richard im Mittelpunkt.
Da man erfährt, wie sehr jeder in London um sein tägliches Überleben kämpfen muss, ist Loyalität teils ziemlich schwer durchzuhalten. Vor allem, wenn man die Vorgeschichte von Richard erfährt, ist man entsetzt, unter welchen Bedingungen Kinder und Jugendliche ohne Hilfen aufwachsen mussten, was sie erdulden mussten mit dennoch anschließend ungewisser Zukunft.
Nach Beschreibung der Lebensumstände, vor allem auch der Schauspielertruppe, entwickelt sich die Geschichte fast schon zu einem Kriminalroman, in dem Richard die geheimen Ermittlungen durchführt. Ganz nebenbei begegnet er dabei auch noch einer jungen Frau, die sein Herz erobert.
Und dann dreht sich noch alles um zwei ganz wichtige Stücke „der Sommernachtstraum“ und „Romeo und Julia“. Welchen Aufwand das Aufführen solcher Stücke zur damaligen Zeit bedeutet, inklusive Kostüme und Beleuchtung, ist immens. Auch hängt der Wert einer Schauspieltruppe direkt von der Qualität ihres jeweiligen Stückeschreibers ab. Wunderbar sind auch die jeweiligen Interpretationen der Figuren in den Stücken durch die Schauspieler während der Proben. Es macht große Lust auf einen Theaterbesuch!
Insgesamt ist „Narren und Sterbliche“ ein wunderbarer Blick in das ziemlich düstere London des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Bernard Cornwell gelingt es nicht nur, die Zeit sehr lebendig auferstehen zu lassen, sondern beschreibt auch einen spannenden Kriminalroman, bei dem es um Leidenschaften und Verrat, Intrige und Liebe geht.
Nach etwas schleppendem Anfang ein absolut empfehlenswerter Roman!
Meine Meinung: 9 von 10 Punkten