Welcher Comic-Fan kennt nicht Alan Moore? In den 1980er Jahren hat er mit der ersten offiziellen Graphic Novel „Watchmen” für großes Aufsehen gesorgt. Es folgten Titel wie „V wie Vendetta”, „From Hell”, oder auch „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen”. Seit geraumer Zeit treibt sich Mr. Moore nun auch beim Kleinverlag Avatar herum, da er dort seine teilweise sehr blutrünstigen Horrorstorys veröffentlichen kann, die zumeist etwas mit H.P. Lovecrafts „Cthulhu Mythos” zu tun haben.
Im Rahmen dieser Arbeit hat er nun auch ein Kapitel zu der von Garth Ennis erdachten „Crossed” Serie erschaffen. Dabei handelt es sich aber nicht nur um eine normale Geschichte im Crossed Universum, sondern um eine Handlung, die Einhundert Jahre nach dem Ausbrechen des Virus spielt.
Protagonistin dieser Geschichte ist die Archivarin Future Taylor, die im Jahr 2108 mit einem Trupp Überlebender versucht Nahrung für ihre Kommune, aber vor allem Informationen über die längst vergangene Zeit zu erlangen. Dafür wurde extra ein Zug umgebaut, der den Menschen als Unterschlupf dient. Selbst wenn die meisten Crossed-Infizierten vor vielen Jahren entweder an Altersschwäche, oder AIDS gestorben sind, gibt es immer noch viele Hillbillys, oder Illbillys wie es in der zukünftigen Sprache heißt, die den Menschen das Leben schwermachen.
Schon beim ersten Stopp entdeckt die Crew etwas Unfassbares. Eine Gruppe Illbillys hat eine Art Schrein für eine Person auf einem Foto errichtet. Eigentlich dürfte dies gar nicht möglich sein, denn die Infizierten sind auf ihre animalischsten Instinkte reduziert. Für sie geht es nur um Sex und unglaublich sadistische Gewalt. Wen wundert es da, dass Taylor, dieses Bild und die Aufzeichnungen dazu mitnimmt und beginnt diese zu studieren.
Doch auch beim nächsten entdeckt die Crew das gleiche Bild, wobei es diesmal einem Illbilly gelingt ein Crewmitglied zu infizieren. Die Crew muss dezimiert in ihre Kommune zurück. Zum einen um sich von den Strapazen zu erholen, zum anderen um neue Crewmitglieder zu bekommen. Doch auch in der Kommune findet Taylor keine wirklichen Antworten sondern findet immer weitere Fragen.
In der nächsten Kommune, zu der die Crew zu Verhandlungen reist, erfährt sie aber vom dortigen Archivar beunruhigende Neuigkeiten. Das Bild, welches sie gefunden hat, ist das Phantombild eines Massenmörders, dem es gelungen ist der Triebsteuerung durch die Seuche zu wiederstehen. Er stellt die Vermutung an, dass sich in den Bergen noch viele Infizierte versteckt halten könnten, bisher aber niemand nachgeschaut hat. Taylor führt ihre eigenen Nachforschungen weiter und hofft, dass sie es noch rechtzeitig wieder zurück nach Hause schaffen kann – die Infizierten warten schon…
Die Serie „Crossed” ist eine der derbsten Serien, die das Genre im Moment zu bieten hat. Nun hat sich Altmeister Alan Moore der Serie angenommen und eine weitere Facette hinzugefügt. Wie würde sich die Welt entwickeln, wenn die meisten Menschen umgekommen wären und die Umwelt nicht mehr belasten könnten? Würde alles Zusammenbrechen, oder würde sich die Erde nach den vielen Zerstörungen wieder regenerieren? Wie würde sich die Menschheit entwickeln? Würden sie die alten Werte wieder übernehmen, oder würden sie trotz aller Schrecken einfach so rücksichtslos weiterleben wie zuvor?
Alan Moore hat für alle diese Fragen eine passende Antwort entwickelt und diese bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Das schwierigste ist dabei die Sprache. Zuerst schaut es nach einem Kauderwelsch aus, welches kaum zu verstehen ist. Beim näheren Hinschauen erkennt man aber, dass sich die Sprache ebenso wie die Menschheit weiterentwickelt und sich der Umwelt angepasst hat.
Für die Umsetzung dieser düsteren Zukunftsvision konnte Moore den brasilianischen Künstler Gabriel Andrade verpflichten, dem es hier hervorragend gelingt die Schrecken der Zukunft und der Seuche passend einzufangen. In den ruhigeren Szenen gelingt es ihm diese Atmosphäre zu vermitteln, während es ihm genauso leicht zu fallen scheint die Schrecken und Gräuel der Infizierten darzustellen. Für diese Geschichte hätte Moore keinen besseren Partner haben können.
Wie auch schon die anderen „Crossed” Bände ist auch dieser Band eigentlich nicht für Jugendliche unter 18 Jahren geeignet. Die explizite Darstellung von sexuellen Ausschweifungen und wirklich ungemein brutaler Gewalt ist nichts für schwache Nerven. Auch wenn ich persönlich nur die ursprüngliche „Crossed” Geschichte von Garth Ennis kenne und die Serie dann aus den Augen verloren habe ist dieser Band ein wirklich gute Fortführung der Serie, die man auch ohne die Lektüre der regulären Crossed Reihe genießen kann.