CD Kritik – Wenn man den Fans glauben mag, also, denen, die „Hybrid Theory“ immer noch abfeiern, was in Ordnung ist, dann haben sich Linkin Park mit „A Thousand Suns“ (oder zumindest um diesen Zeitraum) von ihrer – von den Fans – bevorzugten Schiene abgewendet und sind ins Pop-Gefilde gedriftet. Mal mehr, mal weniger stark.
Tatsache ist, dass selbst „Hybrid Theory“ etwas poppiges hatte. Ich finde aber a) das ist vollkommen egal, solange es gut ist. Wenn nicht, hört man das Album eben nicht mehr. b) Wäre die Band wahrscheinlich nie so groß geworden, hätten sie das nicht gehabt. Und auch das ist nicht schlimm. c) Es ist halt, wie bei so vielen Dingen, einfach Geschmackssache.
In der Info zur Platte „One More Light“ ist der erste Satz: „Linkin Park sind Ausreißer.“ Passend dazu die Meinung der Fans, dass es zu poppig ist. Mit dem siebten Album veröffentlicht die Band nach „The Hunting Party“ ein neus Album. Das wiederum kaum stärker vom Ursprung entfernt sein könnte. Die Beobachtung der Fans ist also durchaus korrekt. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, steht auf einen anderen Blatt und ist eine sehr individuelle Sache.
„Am Anfang stand die Idee, uns musikalisch herauszufordern … dann jedoch drehte es sich mehr und mehr um unsere Leben“, erklärt Sänger Chester Bennington. „Ich sang in den Texten für das Album von Dingen, die sonst nur meine Ehefrau und meine engsten Freunde wissen. Ich tat es, weil ich weiß, dass da draußen Leute sind, die dieselben Dinge durchgemacht haben wie ich, und es fühlt sich besser an, zu wissen, dass man nicht allein ist.“
Eine tolle Entscheidung sich dem zu stellen und Erfahrungen zu teilen.
Sänger / Produzent Mike Shinoda erinnert sich: „Normalerweise starten unsere Songs mit einem Riff oder einem Beat. Diese jedoch begannen mit einer Unterhaltung. Wir sagten: ‚Worüber würde ich heute gern singen? Was geht mir durch den Kopf?’ Mit dem Konzept und den Texten anzufangen, war chronologisch das komplette Gegenteil unseres gewohnten Schreibprozesses. Es stellt den gesamten Ablauf auf den Kopf. Nachdem wir den Gesang und die Akkorde geschrieben hatten, gingen wir zum unterhaltsamen Teil über – dafür zu sorgen, dass jeder Song cool klingt.“
Auch das klingt zu schön, um wahr zu sein. Würde ich der Band allerdings abnehmen.
„Wir können es kaum erwarten, diese neuen Songs auf Tour zu bringen“, sagt Gitarrist / Produzent Brad Delson mit einem Lächeln. „Unsere Fans wissen, wie viel Liebe wir sowieso schon in unsere Live-Shows stecken und wie sehr wir die Verbindung zu ihnen genießen, wenn wir einen ihrer Lieblingssongs spielen. Der emotionale und klangliche Gehalt dieser neuen Songs wird der Show eine komplett neue Dimension hinzufügen.“
Mangelnde Liebe für ihre Platten kann man der Band kaum vorwerfen. Zumindest ich hatte bisher nichts zu machen und habe auf den abwegigsten Album immer noch den einen oder anderen Schatz für mich gefunden. Dabei finde ich Texte ebenso wichtig, wie eine gewisse Eingängigkeit, die mich mitreißen kann. Das kann auf vielfältige Art und Weise geschehen.
„One More Light“ ist definitiv anders geworden, wird vielen Fans vor den Kopf stoßen und wiederum anderen, wie mir, wird das Album gut genug gefallen, dass ich es nicht verteufeln muss und den einen oder anderen Song davon sicherlich noch öfters hören werde. Anders aber gelungen. Schönes Ding.
(Review war kurz nach Release an anderer Stelle online; jetzt hier wieder da.)