Mit dem Musiker Andreas Liebert konnte ich kürzlich das „6 Fragen an“- Interview durchführen. Der Gitarrist und Sänger sprach mit mir über größere Einflüsse, Songwriting, Befürchtungen und einigem mehr. Das aktuelle Release ist „Mondlandung“ und erschien am 22. November 2024.
Welches Album hatte den größten Einfluss auf dich als Musiker?
Der prägendste Einfluss auf meine Musikkarriere war wahrscheinlich Kettcars „Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen“. Vorher hatte ich viel englischsprachigen Punk Rock und Poppunk gehört – Musik, die mich vor allem mit ihren Melodien und guten Hooks packte. Der Text war nicht immer entscheidend. Die Musik sprach für sich selbst und die Message war klar, auch wenn sie sich oft in einfachen Bildern verlor.
Dann kam dieses Album von Kettcar. Es landete irgendwann auf meinem MP3-Player und stellte alles auf den Kopf. Plötzlich machte Musik nicht nur Spaß, sie verlangte Aufmerksamkeit, die ich nicht gewöhnt war. Die Texte waren nicht mehr direkt, sie waren verschachtelt, oft unbequem, fordernd. Sie verlangten, dass man sich selbst in Frage stellte, dass man Dinge nicht nur hörte, sondern auch durchdachte. Und das war genau der Punkt, der mich packte. Kettcar war nur das erste von vielen Alben, die mir in den folgenden Jahren ähnliche Denkanstöße gaben. Es war eine Musik, die mehr wollte, als nur den Moment zu unterhalten. Sie wollte einen Dialog eröffnen.
Als ich begann, selbst Musik zu machen, hatte ich noch keine Ahnung, dass ich irgendwann diesen Weg einschlagen würde. Aber etwas in mir wusste, dass ich auch etwas anderes ausdrücken wollte als nur das, was auf den ersten Blick klar und einfach war.
Welcher Song kam positiver bei dem Publikum an, als du erwartest hast? Und wieso hattest du diese Erwartung(en)/Befürchtungen?
Ich neige dazu, meine eigenen Sachen immer kritisch zu betrachten. Deswegen war ich anfangs überrascht, dass es gutes Feedback gab. Es ist natürlich schön, solche Rückmeldungen zu bekommen, aber es verändert nicht viel an meiner Auseinandersetzung mit der Musik. Es bleibt dabei: Die Dinge sind so, wie sie sind – und der Blick darauf bleibt ein scharfer, auch wenn er von außen vielleicht anders wahrgenommen wird.
Gibt es ein Buch/Film, das/der Einfluss auf eure Texte genommen hat? Wenn ja, welches/welcher und wieso (gerade dieses Werk)?
Es gibt kein Buch oder keinen Film, der direkt Einfluss auf meine Texte hatte. Es sind eher die alltäglichen Dinge, die in den Raum gestellt werden – Beobachtungen aus dem Freundeskreis, aus dem Umfeld, Erzählungen, die in der Luft liegen. Vielleicht heute mehr als früher. Nachdem die Aufnahmen zum Titelsong „Mondlandung“ abgeschlossen waren, bin ich auf den Dokumentarfilm „Kulenkampffs Schuhe“ gestoßen, dieser Film behandelt Fragen, die auch in meinem Song mitschwingen – Erinnerungen, Verlust und wie man mit all dem weiterlebt, mit den offenen, unausgesprochenen Geschichten. Es war ein schönes Gefühl, nicht der Einzige zu sein, der sich mit solchen Themen auseinandersetzt.
Wie entstehen eure Songs in der Regel, ausgehend von einem Riff, spielt ihr einfach los und ordnet dann …?
Meistens fängt es mit den Akkorden an, die eine Stimmung vorgeben. Der Text kommt dann nach und nach – mal schnell, mal langsam. Oft ist es ein hin und her, mit Demos, die ich immer wieder einsinge, um die richtige Richtung zu finden. Bei der EP waren die Songs im Grunde schon da, aber der Aufnahmeprozess hat ihnen noch Details gegeben, die gut dazu gepasst haben. Was mir am Ende wichtig war, war, dass die Instrumente leicht und unbeschwert wirken, während die Texte sich auch mal schwer und unbequem anfühlen dürfen.
Was für Emotionen wollt ihr beim Publikum auslösen und weshalb?
Eigentlich ist es ziemlich simpel: Bei einem Konzert frage ich mich, was ich von der Stimmung erwarte. Bei einer lauten, energetischen Band ist es das Bedürfnis nach Energie, nach diesem unmittelbaren Gefühl von hier und jetzt. Bei meiner Musik geht es eher um etwas anderes – das langsame Hineingleiten in einen Moment, das Gefühl, sich für 60 Minuten einfach mal von der Musik umhüllen zu lassen. In einer ruhigen, fast intimen Stille, in der man sich selbst verliert oder von den Gedanken der Musik mitgenommen wird. Aber auch die Momente zwischen den Songs sind mir wichtig – die Entstehungsgeschichten oder kleine Anekdoten aus der Vergangenheit, die einem erlauben, kurz aus der Musik herauszutreten, um wieder ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Vielleicht ist es genau das –
der Moment, in dem die Musik Raum gibt, ohne zu drängen, und die Geschichten es einem ermöglichen, sich verbunden zu fühlen.
Welches Instrumentarium habt ihr bei euren Aufnahmen zum aktuellen Album genutzt und wieso fiel die Wahl genau darauf?
Die Instrumentenauswahl war relativ klassisch: Schlagzeug, Bass, Gitarre, Klavier und Rhodes Piano. Diese Grundausstattung stand schnell fest, das war der Rahmen, auf dem alles andere aufgebaut wurde. Die echten Akzente entstanden dann durch die Details – klatschende Hände, Rasseln, all diese kleinen Geräusche, die sich fast unauffällig in den Raum schlichen. Im Studio war der Spielraum größer, als ich zunächst dachte. Besonders das Nashville Tuning der Gitarre hat mich überrascht, es hat diese neue Energie in die Songs gebracht, es war irgendwie unverzichtbar. Das war ein Moment, bei dem sich alles
fügte, und die Lieder an Tiefe gewannen.