Lange ist es her, als ich einen Song von der „Tapping the Vein“ von Sodom das erste Mal gehört habe. Ich erinnere mich noch, als wenn es erst gestern war. Es begann alles im Musikunterricht, als einer meiner Mitschüler zum Thema „Zeitgenössische Musik“ den Song „Wachturm“ mitgebracht hatte. Unsere Lehrerin hat den Song verachtet, doch ich war sofort Feuer und Flamme bei dem harten Song und dem Gesang von Tom Angelripper. Das war meine erste Begegnung mit Sodom und es sollte nicht meine letzte Begegnung sein.
Nun ist das Ganze schon etwas her. Sodom hatten in der Zwischenzeit mehrere Wechsel im Line-up, doch für mich waren die beiden Alben mit Andy Brings an der Gitarre schon etwas wirklich Besonderes. Während andere Bands weichere Töne angeschlagen haben, haben Sodom eine Art Death Metal Platte gemacht. Härter als auf den zwei Brings Alben waren Sodom danach niemals wieder, auch wenn sie es immer wieder versucht haben.
Scheinbar war jetzt ein guter Zeitpunkt um genau diese Zeit noch einmal aufleben zu lassen und so hat man sich ins Studio gesetzt und „Tapping the Vein“ digital aufgehübscht. Doch nicht nur das. Neben dem eigentlichen Album bekommt man noch eine „Redux“ Version des Albums von Andy Brings abgemischt sowie drei „Alternate Edition“ Songs.
Dazu gibt es bei der CD-Version noch den Live Auftritt aus Tokyo von 1992 und in der Box Version noch die Auftritte aus Düsseldorf und Köln. Letzterer trägt den bezeichnenden Titel „The Final Witchhunt“, da es sich dabei um den letzten Auftritt zusammen mit dem Schlagzeuger Chris Witchhunter handelte.
Über das Album selbst muss man glaube ich hier wenige Worte verlieren. Neben Thrash-Klassikern wie „Body Parts“, „Skinned Alive“, „Bullet in the Head”, “The Crippler” „Hunting Season“ oder dem Titeltrack “Tapping the Vein” hatte dieses Album deutlich mehr zu bieten. So gab es erneut auch etwas langsamere Songs wie „One step over the Line“ oder dem sehr düsteren „Reincarnation“.
Daneben bot dieses Album eine komplette neue Sodom-Ausrichtung. Nach der Kooperation mit Bela B auf der Single „Ausgebombt“ hat man hier ein komplett neues Kapitel bei Sodom geöffnet. Mit „Wachturm“ gab es einen komplett auf Deutsch gesungenen Thrash Metal Klassiker. Dieses war ein Novum, dem noch viele folgen sollten.
Die digitale Überarbeitung holt jetzt das Beste aus diesen Songs heraus und es macht richtig Spaß dieses Album noch einmal zu entdecken. Der Sound ist deutlicher und das Lautstärkelevel ist nun auch angepasst, was mich bei der damaligen CD-Veröffentlichung immer ein wenig gestört hatte.
Das wirklich Neue an dieser Veröffentlichung sind aber die Bonus-CDs. Neben dem Album in einer „Redux“ Version auf der zweiten CD sowie drei Alternative Versionen von „Body Parts“, „Wachturm“ und „Reincarnation“, die vom damaligen Gitarristen Andy Brings komplett neu abgemischt wurden. Ein guter rauer Mix, bei dem man meiner Vermutung nach, die eigentliche Idee hinter der damaligen Abmischung hören kann – ähnlich wie die neuen Abmischungen bei den Beatles Alben. „Tapping the Vein“ klingt dadurch viel rauer und düsterer und vor allem das Schlagzeug von Chris Witchhunter kommt mehr zur Geltung.
Dazu kommen noch drei sehr gute Live-Auftritte. Während man „Live in Tokyo“ auch in der CD-Version enthalten ist, bekommt man „Live in Düsseldorf“ und „Live in Cologne – The Last Witchhunt“ nur in der Deluxe Edition, der Sammlerbox für Fans mit 3 Vinyls und 2 CDs. Dies sind allesamt fette Live Bretter, die den Fan Wehmütig an die große Zeit des Thrash Metals in den 1980ern und 1990ern zurückdenken lassen.
Für mich ist diese Neuveröffentlichung der „Tapping the Vein“ (oder Sodoms „blaues Album“) als nun schon etwas älterer Fan der Band eine große Freude. Die neue Abmischung ist hervorragend – sei es nun die digitale Aufhübschung des Albums, oder der neue Mix von Andy Brings. Beide Versionen haben etwas für sich und machen wirklich Spaß. Als Bonus hat man dann noch einen (beziehungsweise drei) sehr guten Live-Auftritt mit einigen der größten Sodom Songs. Was möchte man eigentlich mehr?
„Tapping the Vein“, „Aber bitte mit Sahne“ und „Get what you deserve” waren für mich immer drei der besten Sodom Alben. Vielleicht lag es daran, dass es für mich die drei ersten Alben (beziehungsweise EPs) der Band waren. Vielleicht sehe ich das Ganze daher mit einer rosaroten Brille, aber ich kann Sodom Fans. egal ob jung oder alt, diese Neuauflage nur ans Herz legen. Die Herren Brings und Angelripper haben sich aus meiner Sicht wirklich viel Mühe mit dieser Neuauflage gegeben.
Meine Meinung: 10 von 10 Punkten