Swiss & die Andern aus Hamburg sind wieder zurück mit ihrer alten, bekannten Mixtur aus Rap und Punk, früher ist das simple Crossover, die Band nennt es Zeckenrap. Das neue Album, Mitte August erschienen bei Missglückte Welt und im Vertrieb von Soulfood, nennt sich Randalieren für die Liebe. Gleichzeitig eine gute Sache, aber auch ein Widerspruch in sich, finde ich. Aber hier steht es ja für den Enthusiasmus, den man benötigt, um für eine Sache zu kämpfen, die einem wichtig ist. Hier eben die Liebe.
Swiss & die Andern verfolge ich erst seit dem Debütalbum Grosse Freiheit richtig, auch das vorherige Album Missglückte Welt ist mir bekannt und wurde nach dem Label benannt. Interessant finde ich seit jeher die Sippschaften. Fans, die sich regional zusammenfinden, geschlossen zu den Konzerten gehen und mehr als „nur“ Fans sein wollen und scheinbar auch sind. Man hat sich sozusagen gesucht und gefunden. Die Message wird artikuliert, die Rezipienten, die Fans, nehmen diese wohlwollend auf, finden sich darin wieder. So wird der Zusammenhalt zwischen Band und Fans gestärkt. Aber nicht nur. Sondern auch untereinander, denn viele teilen die gleichen oder ähnlichen Schicksale, fühlen sich so nicht alleine. Gerade in der heutigen Zeit, wo man dauernd Nachrichten liest von Suizid(versuchen), Depressionen und Artverwandtes eine nicht zu unterschätzende Sache.
Man mag von Swiss & die Andern also halt, was man mag, sollte aber vielleicht differenzieren zwischen ich mag die Musik nicht, aber trotzdem eine coole Sache, dass dadurch ein solches Gemeinschaftsgefühl vermittelt wird.
Jetzt habe ich mich aber hier ein wenig verquatscht. Schnell zurück zu Randalieren für die Liebe. Obwohl, es besteht ja ein Zusammenhang. Aber nicht nur auf dieser Ebene ist man sich einige, auch politisch stimmt die Richtung untereinander: gegen Rechte und Fremdenhass. Aber auch die Möchtegerns, die kommerzgeilen, die Hetzer und dergleichen bekommen ihr Fett weg. Zurecht.
Abgrenzung und Rebellion. Borderline-Grenzgänger. Und bevor das falsch verstanden wird, dass ist nicht abwertend, sondern als Kompliment gemeint. Nicht allen gelingt so ein Spagat. In Kuhle Typen nimmt man sich selbst nicht so ernst, ebenso wie in den Skits. Mensch Junge ist ebenfalls ein Schmunzler. Emotional, auf andere Art, wird es bei Mehr Sein als Schein – yes, gute Message – und Elbe.
In Goldener Käfig featuring Reeperbahn Kareem wird der Überwachungswahn kritisiert. Man könnte jetzt natürlich die alten, bekannten Phrasen in einem harschen Ton erneut durchkauen. Doch es ist ein Pro-Freiheit-Song mit anderen Ansätzen. Ein freundlicher Ton wird angewandt – okay, außer im Rap-Part – doch es folgen keine platten Phrasen. Eigentlich bittet der Track eher um Verständnis, zeigt die Gründe auf, warum man so ist, wie man so ist, hofft auf Verständnis und ein freundliches okay, aber… du musst halt trotzdem mitkommen. Das ist dann der Job von dem Beamten. Das muss man nicht mögen. Finde aber den Ansatz interessant und mag den.
Die Platte ist abwechslungsreich aber dennoch typisch Swiss & die Andern. Sie können randalieren für die Liebe, scheuen sich aber auch nicht mal ebenjene aus- und anzusprechen. Gutes und gelungenes Album, dass die Fans sicherlich geschlossen abfeiern werden und für Neulinge sicherlich auch genug Stoff bietet, den man gut finden kann.
— Neuveröffentlichung dieser Review aus 2019 —