In der Coronakrise wurde die alleinerziehende Harry aus ihrem Job als Kellnerin gekündigt. Da danach Jobs in dieser Branche nicht einfach zu finden waren und sie unbedingt Geld brauchte um ihren Sohn zu ernähren, hat sie einen Job als Reinigungskraft angenommen. Dabei konnte man von Glück im Unglück sprechen, denn dieser Job war bei einem ihrer Lieblingsfilmemacher. Der Horrorfilmregisseur Javier Castillo lebt nach einem Riesenskandal wie ein Einsiedler in Chicago und benötigt Hilfe bei der Pflege seiner Film-Memorabilia.
Als Film-Nerd könnte der Job gar nicht besser sein. Castillo besteht bei jedem Mal auf eine gewisse Routine und ist eher von der schweigsamen Natur, was für Harry auch mehr als angenehm ist. Sie ist seit ihrer Flucht aus ihrem Elternhaus eigentlich auch immer auf sich selbst gestellt gewesen und kann sich bei der Arbeit nun in ihren Gedankenkonstrukten verlieren. Die Arbeit macht ihr daher wirklich Spaß, auch wenn es nur ein Putzjob ist.
Von den vielen Sammlerstücken aus den Filmen hat Harry einige Lieblingsstücke. Das einzige Kostüm, welches ihr wirkliche Unbehagen bereitet, ist das Ungeheuer aus Castillos bekanntesten Film. Dieses riecht für sie immer nach einer Mischung aus Talkum und Schweiß, was ja eigentlich nicht sein kann. Doch nicht nur das Kostüm ist seltsam an dem Haus. Während Harry die Gästezimmer reinigt, hört sie aus einem verschlossenen Zimmer zwischen den Gästezimmern immer ein seltsames Klopfen und einmal sogar den Satz „Hilf mir“.
Harry schiebt diese Geräusche auf die alten Rohre und ihre Vorstellungskraft, da sie im Moment ganz andere Sorgen hat. Sie muss mit ihrem Sohn Gabriel ihre Wohnung räumen, denn das Mietshaus in dem sie leben muss für ein neues schickes Einfamilienhaus weichen. So passiert es auch, dass Harry in einem unbedachten Moment von ihrem Sohn spricht, was Mr. Castillo dazu verleitet, die beiden zum Dinner einzuladen.
Da dieser Abend aus der Sicht von Mr. Castillo dann auch ein voller Erfolg war, bleibt es nicht bei dieser einen Einladung. Schon beim nächsten Dinner sind es nicht nur Harry und ihr Sohn Gabe, sondern auch die Hauptdarsteller aus Mr. Castillos bekanntesten Film. Natürlich alles nur um Gabe zu beeindrucken. Leider verläuft dieser Abend aber nicht ganz so wie geplant und vor allem die junge Schauspielerin Amina scheint ein wenig über den Durst getrunken zu haben und geht Harry feindselig an. Plötzlich beginnt sich das seltsame Kostüm zu bewegen und greift Amina an. Doch niemand außer Harry scheint dies zu bemerken…
Mit dem Roman „Das flüsternde Haus“ hat die Autorin Christina Henry nun das Genre des klassischen Gruselromans mit einem verwunschenen Haus beschritten. In ihrer Geschichte beginnt die junge Harry einen Job bei einem Horrorfilmregisseur, als plötzlich seltsame Dinge geschehen. Zuerst nur wenige und dann immer mehr und immer komplexere Erscheinungen, die sie am Ende an ihrem Verstand zweifeln lassen.
Dreh- und Angelpunkt in dieser Geschichte bleibt dabei fast immer das seltsame Kostüm, welches sich der Protagonistin in den unterschiedlichsten Momenten zu erkennen gibt. Die meiste Zeit ist es dabei feindselig und beginnt sogar die Hauptfigur körperlich anzugreifen. Daneben gibt es aber noch die seltsamen Geräusche im Gästezimmer, die auf etwas völlig anderes hindeuten.
Henry schafft es durch eine sehr dichte Atmosphäre einen gewissen Grad an Spannung aufzubauen, der immer wieder durch ruhigere Momente zum Aufatmen unterbrochen wird. Hierzu zählen vor allem die Momente, wenn sie in ihrer eigenen Wohnung zusammen mit ihrem Sohn ist, oder auch die Momente, in denen sich ihre Hauptfigur in ihrer Gedankenschleife verfängt. Leider wiederholen sich die Gedanken der Hauptfigur oft, so wie es im normalen Leben halt auch häufig der Fall ist.
„Das flüsternde Haus“ ist ein gut gelungener Roman, welches das klassische Motiv des Geisterhauses in einen modernen Kontext bringt. Dazu kommen noch die vielen Anspielungen auf real existierende Horror- und Gruselfilme, die jeden Fan dieses Genres begeistern werden. Christina Henry gelingt es mit diesem Roman Spannung und auch ein gewisses Maß an Grusel und Gänsehaut zu erschaffen, ohne dabei zu viel Splatter zu produzieren.
Auch wenn es viele Wiederholungen innerhalb der Beschreibungen in der Geschichte gab, hat mir dieser neue Roman von Christina Henry wieder gut gefallen. Die Handlung war völlig anders als erwartet und die von der Autorin ausgesuchte Mischung zwischen den Genres war wirklich hervorragend. Dabei war es auch genau das Unerwartete, was mich an diesem Roman gereizt hat, denn kein Roman der Autorin ist wie der andere, beziehungsweise lässt sich in das gleiche Genre packen. Christina Henry schafft es immer wieder ihre Leser zu überraschen.
Meine Meinung: 9 von 10 Punkten