Eigentlich hätte es ein schöner Abend werden sollen. Der scheinbar schüchterne Viktor hat die junge Schauspielerin Mia in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel angesprochen und sie zu einem Kaffee eingeladen. Das Date wird aber schnell etwas völlig anderes, da sich der Kaffee als sieben Gänge Menü in einem Edelrestaurant auf dem Dach des Reichstaggebäudes entpuppt.
Und auch ihr Date Viktor ist nicht das, was er zu sein vorgegeben hat. Während er in der Alten Nationalgalerie noch ein schüchterner Künstler gewesen war, hat er sich nun als reicher Schnösel mit einer dicken Rolex am Arm entpuppt, der mit seinem Geld und seinen Investitionen prahlt. Also genau das, was Mia nicht sucht. Daher lässt sie sich am Ende des Dates auch von ihm nach Hause fahren und schreibt das Treffen als einmaligen Abend ab.
Vor ihrer Haustür bemerkt sie aber, dass sie ihren Schlüssel verloren hat, doch zum Glück ist ihre Mitbewohnerin zu Hause, die sie in die Wohnung lässt. Natürlich ruft sie sofort beim Restaurant an, um nach ihrem Schlüssel zu fragen, doch dort hat ihn bisher noch niemand gefunden. Völlig frustriert geht Mia in ihr Zimmer, da sie morgen einen anstrengenden tag vor sich hat. Es findet ein Casting für eine Hauptrolle für einen wichtigen Film statt – und sie ist scheinbar schon in der Endauswahl.
Am nächsten tag scheint das Vorsprechen ganz gut verlaufen zu sein, doch das Wichtigste – Mia hat mit Alice einen neuen Kontakt zu einer Gleichgesinnten geknüpft. Schon am Abend haben sich die beiden Frauen zu einem Besuch in einer „Speakeasy“ Bar verabredet, in die man nur Zutritt mit einem geheimen Passwort bekommt. Doch vorher erst nach Hause und sich vom Tag erholen.
Doch die gewünschte Erholung kommt nicht, denn in der Küche ihrer kleinen Wohnung sitzt bei ihrer Mitbewohnerin Yvonne niemand geringeres als ihr Date vom gestrigen Abend und bringt ihr ihren Haustürschlüssel zurück. Wie kann das sein? Woher hat er den Schlüssel und vor allem, woher kennt er ihre Adresse? Viktor behauptet zwar, dass er den Schlüssel im Taxi entdeckt hat und nach ihrer Adresse bei den Restaurants auf ihrer Straße gefragt hat, doch das ist in Mias Erinnerung überhaupt nicht möglich.
Doch damit nicht genug, denn Mia sieht Viktor jetzt überall, sogar in dem angesagten Szeneclub, den sie mit Alice und deren Freund David besucht. Wie aus dem nichts taucht Viktor auf und scheint sie zu verfolgen. Es sieht sogar so aus, als wenn er Mias Mitbewohnerin Yvonne dafür bezahlt hat, dass diese ein gutes Wort für ihn bei Mia einlegt.
Dann wird plötzlich David ermordet und am Tatort taucht eine Visitenkarte von Viktor auf. Mia wendet sich an die Polizei und bittet um Hilfe, doch dieser sind noch die Hände gebunden, da es keine Beweise gibt und Viktor ein Alibi hat. Also beginnen Mia, Alice und Mias Mitbewohner Philipp mit eigenen Ermittlungen und finden bald die ganze erschreckende Wahrheit heraus.
Mit „Angst“ veröffentlicht Autor Ivar Leon Menger nun nach „Als das Böse kam“ seinen zweiten Thriller im dtv Verlag. Diese Geschichte spielt im gleichen Universum wie sein Erstlingswerk (es wird kurz darauf Bezug genommen) hat diesmal aber als Location die deutsche Hauptstadt. Dort lebt die junge Schauspielerin Mia, die von einem Stalker bedroht wird.
In einem geschickten Handlungsaufbau führt uns der Autor durch seine Geschichte. Schon im Prolog wird man direkt in die Handlung geworfen. Menger teastert seine Handlung ein wenig, ohne dabei zu viel zu verraten und man hat das Verlangen weiterzulesen und zu erfahren, was denn genau geschehen ist.
Dann ist man auch schon direkt auf der Dachterrasse des Luxusrestaurants und Mia berichtet als Ich-Erzähler, was ihr passiert. Dabei wird erst im ganzen normalen Plauderton berichtet, bis sie im Laufe der Handlung immer mehr Angst entwickelt und sich auch ihr Gedankenkonstrukt nur noch um ihren Stalker sowie das Vermeiden dessen geht. Dazwischen gibt es immer kleine Kapitel, die uns Leser etwas mehr über den Stalker verraten. Dadurch entwickeln auch wir Leser eine Antipathie gegen Viktor und müssen dann auch mit Mia bei ihrem gefährlichen Spiel am Ende mitzittern.
Dennoch wäre Ivar Leon Menger nicht er selbst, wenn es nicht immer einen dramatischen Wendepunkt in seiner Erzählung geben würde. Bei „Angst“ entschließt sich Mia aus der Opferrolle auszubrechen und die Rolle mit ihrem Stalker zu tauschen. Ein wirklich gefährliches Unterfangen, welches man außerhalb des geschützten Kosmos einer Geschichte nicht machen sollte. Für die Dramaturgie ist dieser Weg natürlich hervorragend, in der Realität sollte man besser andere Wege gehen wie beispielsweise die Polizei einschalten, oder aber auch das Hilfetelefon (Gewalt gegen Frauen) unter 0800 116 016 oder anonym beim Weißen Ring unter der Nummer 116 006.
Wie schon in allen Bereichen vorher hat Ivar Leon Menger es erneut geschafft mich in seiner Geschichte zu fesseln. Die Reise durch Berlin hat mir gut gefallen und auch die verschiedenen Berliner Spezialitäten hat der Autor sehr gut beschrieben. Die Handlung war sehr spannend und auch die Stellen, die einem als Leser etwas langatmig vorgekommen sind, haben sich am Ende ins große Gesamtbild eingefügt. Das Finale war hervorragend und ich muss zugeben, dass ich mit einem zweiten Twist gerechnet hatte, den dritten Twist aber nicht kommen sah.
Mir gefallen die Geschichten von Ivar Leon Menger sehr gut. Seien es seine Hörspielreihen, wie „Darkside Park“, „Porterville“ oder „Monster 1983“ oder aber auch seine Kurzgeschichten wie „Terminal 3“. Nun hat er seinen Platz beim dtv Verlag gefunden und mit seinem zweiten Buch dort wieder direkt einen fesselnden Thriller abgeliefert. Ich bin sehr gespannt, was uns in der Zukunft von ihm noch erwarten wird.
Meine Meinung: 10 von 10 Punkten