Nach dem Erfolg seines Filmes „Psycho“ im Jahre 1960 und dem Wirbel, der um die Handlung gemacht wurde, gibt Alfred Hitchcock ein Interview zu den Motiven des Films. Das Thema war in der Filmlandschaft ein Novum und vor allem der psychisch kranke Mensch ist im glänzenden Hollywood lange verschwiegen worden. Basierend ist der ganze Film auf dem Buch von Horrorautor Robert Bloch, der sich aber die Gräueltaten von Edward Gein als Vorbild genommen hat.
Dieser Ed Gein war ein einfacher Mann, der in seiner Kindheit von seiner Mutter zu einem überaus christlichen Glauben erzogen wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder und seinem Vater zogen sie dann auch von der Stadt auf eine Farm in eine eher ländliche Region, da das Leben in der Stadt zu lästerlich war und Eds Mutter an ein neues Sodom erinnert.
Doch auch auf dem Land änderte sich wenig. Eds Vater wurde von der Mutter schikaniert und ihre beiden Söhne mussten zu jeder Gelegenheit mit ihr beten, oder das Wort aus der Bibel hören. Daran änderte sich auch nichts, als Ed und sein Bruder größer waren und der Vater gestorben war. Das einzig neue war, dass Eds Liebe und Bindung zu seiner Mutter als krankhaft und abhängig zu bezeichnen war, während sein Bruder den Drang nach Freiheit verspürte.
Einige Zeit später ist Eds Bruder bei einem Brand im Sumpf an Herzversagen gestorben, obwohl man bei der Obduktion der Leiche auch einige Verletzungen an seinem Schädel entdecken konnte. War dies schon der erste Mord? So war Ed dann endlich alleine mit seiner geliebten Mutter. Doch diese heile Welt hielt nicht lange, denn Mutter erlitt einen schlimmen Schlaganfall, von dem sie sich nur langsam erholte.
Eds Lebensaufgabe war es nun seine Mutter zu pflegen und ihr aus der Bibel vorzulesen und auch als sie gesundheitlich wieder etwas besser zurecht war, hörte diese Pflege nicht auf. Bis zu ihrem Tode durch einen erneuten Schlaganfall war Ed mit seiner Mutter zusammen. Doch auch danach konnte Ed sich nicht von seiner Mutter freisprechen, denn die Frau war für ihn immer noch im ganzen Haus präsent. Er musste sogar die Tür zu ihrem Schlafzimmer zunageln, so dass er ein wenig Ruhe verspüren konnte.
Leider ging die Liebe zu seiner Mutter so weit, dass Ed nach ihrem Tode angefangen hat in der Nacht Gräber auf Friedhöfen zu plündern. Zuerst hat er sich die Leichen nur angeschaut, dann hat er Teile davon mit nach Hause genommen, bis es schließlich die ganze Leiche wurde. Da er immer fasziniert war von schaurigen Pulp Geschichten über Kopfjäger im Amazonas aus den Fantasy-Magazinen sowie den Abartigkeiten der Nazis begann auch er mit seinen Experimenten an den Leichen.
Dieses genügte ihm aber irgendwann nicht mehr und so begann er seinen ersten Mord. Für seine abartigen Gelüste brauchte er frischeres Material als das, was er in den Gräbern finden konnte. Ed fühlte sich mehr als Frau, denn als Mann und das Anziehen von Kleidern reichte ihm irgendwann nicht mehr aus, so dass er zu drastischeren Mitteln greifen musste, um dies auszuleben.
So lebte er als braver, wenn auch etwas seltsamer Mitbürger in seiner Gemeinde, bis er einen Fehler gemacht hat und alle seine Gräueltaten ans Licht kamen…
Der Splitter Verlag veröffentlich nun die Graphic Novel „Schon gehört, was Ed Gein getan hat?“ von True Crime Autor Harry Schechter und Comicautor und Zeichner Eric Powell. Dieser Band ist die Aufarbeitung der Taten eines psychisch Kranken Mannes, der von seiner Mutter über viele Jahre schikaniert wurde, diese dann aber auch nach ihrem Tode nicht loslassen konnte, da er trotz allem abhängig von ihr war.
Von Geburt, über Kindheit bis zu seinem Tode im Jahre 1984 zeichnen Schechter und Powell hier eine Spur des Grauens. Was als scheinbar ganz normale Kindheit begonnen hat, driftete dann irgendwann in den Wahnsinn ab, der Gein bis zu seinem Tode im Griff hatte. Dabei war er auch noch ein notorischer Lügner, der seine Taten zwar auf Wunsch der Ermittler gestanden hat, im nächsten Moment dann aber nichts mehr davon wissen wollte.
Die Graphische Umsetzung der Geschichte ist aus meiner Sicht genau passend für dieses Thema. Eric Powell gelingt es in seinem erstklassigem Zeichenstil den Schrecken dieses Verbrechers einzufangen, ohne dabei ins Geschmacklose abzudriften. In manchen Panels wird man als Leser schon sehr nah an die Brutalität des Mörders geführt und auch das Bild im Mondschein mit den Überresten seines Ofers sind nicht wirklich etwas für schwache Nerven.
Die Taten des Ed Gein dienten Hollywood nicht nur bei Psycho als Vorlage. Auch der Slasher Klassiker „The Texas Chainsaw Massacre“ und der Mörder aus „Das Schweigen der Lämmer“ haben ihren Ursprung in diesem realen Killer, dessen Taten einfach nur verstörend sind. Den Machern ist es sehr gut gelungen dieses Profil des Killers abzubilden und den damit verbundenen Schrecken passend einzufangen. Dennoch ist diese Graphic Novel wirklich nichts für schwache Nerven.
Meine Meinung: 10 von 10 Punkten