Charlie Reade ist ein ganz normaler Teenager mit ganz normalen Problemen. Nachdem er in seiner Kindheit einen „Pakt“ mit Gott geschlossen hat, um seinen Vater von seiner Alkoholsucht zu befreien, setzt er sich nun mit Eifer in sozialen Projekten ein. Dieses ist auch der Grund, für seine Bekanntschaft mit dem verschrobenen Mr. Bowditch.
Als er auf seinem Weg von der Schule nach Hause am Haus von Mr. Bowditch vorbeikommt, hört er das Bellen und Winseln eines Hundes. Da es sich weder um Freuden- noch um Alarmgebell handelt, springt Charlie über das verschlossene Tor um nachzusehen. Ein Glücksfall, denn Mr. Bowditch hatte sich das Bein gebrochen und lag völlig unterkühlt auf der Treppe seiner Veranda.
Charlie kümmert sich sofort um alles, vor allem aber um den Hund des mehr als misstrauischen Mannes, der trotz seines Zustands Charlie nicht in sein Haus lassen will. Dieser Zufall ist dann auch der Beginn einer mehr als seltsamen Freundschaft. Da Charlie sich durch seinen „Pakt“ für Mr. Bowditch und seine altersschwache Hündin Radar verantwortlich fühlt, übernimmt er von diesem Tage an die Pflege des alten Mannes und des Hundes.
Die Zeit vergeht und die Freundschaft der beiden Männer wird immer enger. Charlie zeigt Mr. Bowditch neue technische Errungenschaften, während Bowditch seinerseits Charlie in die Welt der Fantasy-, Science Fiction und Horrorliteratur einführt. Eines Tages erleidet Mr. Bowditch aber überraschend einen Herzinfarkt und stirbt. Er hinterlässt Charlie all seine Besitztümer, auch seine Hündin Radar.
Neben einer Menge Geld in Form von einem Haufen kleiner Goldkügelchen erbt. Leider gibt es neben den guten Seiten auch immer wieder Schattenseiten und so muss Charlie feststellen, dass es Radar innerhalb kürzester Zeit immer schlechter geht. In den letzten Anweisungen von Mr. Bowditch hat Charlie von der Herkunft des Geldes erfahren, die er kaum fassen kann. In Mr. Bowditchs Gartenhütte befindet sich ein Zugang zu einer Phantastischen Welt, die völlig anders ist als unsere.
In dieser Welt soll es angeblich eine Sonnenuhr geben, mit der man sich selbst und andere verjüngen kann. Charlies Plan ist gefasst. Zusammen mit Radar macht er sich auf in die fremde Welt. Was er da erlebt ist so schön und schrecklich zugleich, so dass es sich bei der Geschichte eigentlich nur um eine Märchen handeln kann. Doch dieses Märchen ist mehr als real für Charlie und Radar.
Immer wenn ein neuer Stephen King Roman auf den Markt kommt bin ich mehr als gespalten, ob ich ihn lesen möchte oder nicht. Ich bin ein großer Fan seiner früheren Werke (damit bin ich aufgewachsen) mag aber auch viele von den neueren Geschichten wie beispielsweise „Sleeping Beauties“ oder „Revival“.
Als ich nun den Text zu „Fairy Tale“ gelesen hatte, war ich vollkommen gebannt in der Idee, dass King wieder eine Fantasygeschichte geschrieben hat, die diesmal aber eng mit den Märchen der westlichen Welt verbunden ist.
Als Protagonist hat sich King den 17jährigen Charlie Reade ausgesucht, der durch eine Verkettung mehrerer schicksalhafter Ereignisse in die Zauberwelt Empis gelangt – ein wenig so wie Dorothy im „Zauberer von Oz“. Auf diese Geschichte wird dann auch noch oft Bezug genommen und immer wieder fragt sich Charlie, ob der Ursprung des Märchens in dieser Zauberwelt liegt.
Doch auch schon vor Charlies Besuch in der Zauberwelt erkennt der erfahrene Leser immer wieder Anspielungen auf Märchen und Sagen, die im späteren Verlauf der Geschichte wichtig werden. Um welche es sich hier genau handelt, kann ich jetzt natürlich nicht verraten, da dies den Spaß an der Lektüre verderben würde.
Stephen King ist es mit „Fairy Tale“ erneut gelungen den Spagat zwischen realer Welt und Figuren aus Märchen und Alpträumen. Wie immer ist nicht alles so wie es scheibt und unter der Oberfläche der jeweiligen Welten liegen verborgene Abgründe, sei es der Verbrecher, der sich das Gold von Mr. Bowditch unter den Nagel reißen wollte, oder der schreckliche König in Empis oder sogar ein Schrecken der noch viel tiefer liegt. Dabei blitzt auch immer wieder ein wenig Lovecraft Wahnsinn auf, den King hier auch mehrfach als Referenz nennt.
Nach der Lektüre von „Fairy Tale“ bin ich immer noch sehr gespalten. Auf der einen Seite war die Handlung ein wenig „dünn“ für die dicke des Buchs. Es gibt viel Vorgeplänkel und bevor der Protagonist überhaupt einen Fuß in die fremde Welt setzt hat man knapp die Hälfte des Buchs gelesen.
Um die Idee dahinter zu begreifen, sollte man sich aber immer wieder den Märchen-Charakter der Geschichte in Erinnerung rufen. Auch dort gibt es immer viel Vorgeschichte, die dann in einem dramatischen Höhepunkt endet und auch hier muss der Held / die Heldin erst immer einen Schicksalsschlag erleben, bevor es dann am Ende zu einem Happy End kommen kann.
Auf der anderen Seite ist es ein gutes und solides Buch. Die Erzählung aus der Ich-Perspektive ist gelungen, aber leider auch manchmal ein wenig zu sehr geschwafelt. Vieles wird oft wiederholt und hat meinen Lesefluss ein wenig erschwert. Die weitere Welt die Stephen King erschaffen hat ist gut und die Figuren die dort leben sind erneut sehr gut beschrieben.
Wie gesagt, es handelt sich bei dem Buch um eine Art von neues Märchen, mit all seinen Schwächen und Stärken.
Meine Meinung: 9 von 10 Punkten