Track by Track – Von der Band Versengold gibt es zum kommenden Album Funkenflug ein feines Track by Track Special. Dabei handelt es sich um Beschreibungen der einzelnen Songs mit allem was dazu gehört.
Das ist drauf: Einzelbeschreibung der Titel auf „Funkenflug“
Niemals Sang- und Klanglos
Versengold eröffnet das neue Album mit einem sprichwörtlichen Paukenschlag. Beginnend mit einem harten, energiegeladenen Strumming der Akustikgitarre wird mit den ersten Takten klar, in welchem Geist die nun folgenden neuen Songs komponiert wurden. Der Einsatz der Band gestaltet sich passend dazu: das Spiel der sieben Musiker verschmilzt direkt mit dem ersten, unvermittelten Einsatz zu einer druckvollen Einheit, die in einem pumpenden Rhythmus unnachgiebig zum Einsatz der ersten Strophe treibt. Textlich lohnt es sich, hier genauer hinzuhören. Was zunächst nach einer fröhlichen Seemannsgeschichte klingt, stellt sich schnell als Metapher für das musikalische Wirken der Band heraus. „Wir werden niemals sang- und klanglos untergehen“ ist dabei gleichermaßen eine einfache Beschreibung der Realitäten eines Berufsmusikers wie eine deutliche Erklärung der Attitüde von Versengold und ihrem neuen Album. Wo auch immer die Reise hingeht, „wir haben Musik in unseren Segeln“. Das Thema Seefahrt als metaphorische Grundlage liegt nahe: die sieben Musiker stammen allesamt aus dem Norden Deutschlands, unweit der Küste. Musikalisch wird das Ganze auf eine Weise inszeniert, die unvermittelt Assoziationen mit großen Rockkonzerten auf Festivals etc. hervorruft. Ganz besonders die Bridge mit ihrem eingängigen „Wooooh“-Chor, der förmlich zum Mitsingen mitreißt, lässt eine regelrechte Stadionatmosphäre entstehen. So machen Versengold gleich mit dem ersten Song klare und unmissverständliche Aussagen, sowohl zu ihrer Grundhaltung, ihrer Herkunft, ihrer Idee von Musik und ihren Ambitionen für die Zukunft.
Funkenflug
Direkt im Anschluss wird mit dem Titelsong des Albums ein erster Kontrast gesetzt: von der dramaturgischen „Größe“ des ersten Titels mit seiner wuchtigen Rhythmik und seinen groß inszenierten Chören zu der zunächst leichten und fröhlichen Melodie im zweiten. „Funkenflug“ punktet gleich zu Beginn mit Eingängigkeit und einer positiven Grundstimmung – textlich passend die erste Strophe: „Nur ein Funke, sagen sie / im endlos weiten Sternenzelt / ein Glimmen nur, doch irgendwie / ein kleines Zeichen in der Welt“. Auch hier werden Intention und Bedeutung des Textes besonders dann deutlich, wenn die Aussagen als Bildsprache verstanden werden: der Funke als klassisches Bild für eine Idee, die unter den richtigen Umständen ein großes Feuer entfachen kann. So ist die Forderung im Refrain nur folgerichtig: „Macht die Feuer an / lasst sie lodern bis zum Himmel“! Auf diese Weise stilisiert sich „Funkenflug“ zu einem ermutigenden und optimistischen Stück, das von den Musikern sowohl selbstreferenziell als auch als Aufforderung verstanden werden kann, den eigenen Funken fliegen zu lassen und die Welt damit zu bereichern.
Samhain
Als Inspirationsquelle für die Songs von Versenold dient trotz ihrer modernen Erscheinungsform insbesondere die irisch-keltische traditionelle Folkmusik. Mit dem gälischen Titel „Samhain“ (ausgesprochen eher: „Sahmuin“) trägt die Band diesem Umstand Rechnung und widmet das Stück dem Tag, an dem sich in der keltischen Mythologie die Tore zum Jenseits öffnen. Nicht von ungefähr kommt hier der Vergleich mit dem populären „Halloween“, das seine Wurzeln im keltischen Samhain hat. Passend dazu präsentiert sich das Stück düster und ruft mit seinem zu Beginn eindringlichen Chor die Vorstellung einer beklemmenden Situation hervor: „Schließet Tür und Tor / Tief ist die Nacht und das Licht wird knapp / Schweigt still, seht euch vor / Rot scheint der Geistermond hinab“. Das folgende Interlude auf der Geige bestärkt mit seiner traditionell anmutenden Melodie das keltische Flair des Stückes, die wiederkehrende Strophenmelodie wird jedes Mal von einer akkordschlagenden Geige eingeleitet, die eindrücklich das Bild von klappernden Knochen hervorruft. Trotz aller Düsternis endet das Stück jedoch mit einer positiven Botschaft: „Öffnet Tür und Tor / […] / Singt laut mit im Chor“. Wer die Traditionen an Halloween kennt, weiß, dass es im Zweifel besser ist die Türen zu öffnen und die Geister einzulassen.
Haut mir kein‘ Stein
Mit Song Vier werden erstmals etwas ruhigere Töne angestimmt – die sanft geschlagenen Akkorde der ersten Takte lassen bereits erahnen, dass es hier etwas nachdenklicher zugeht als in den vorangegangenen Stücken. Textdichter Malte Hoyer nimmt sich hier Raum für eine persönliche Botschaft an seine Freunde und Fans, in der er seine ganz eigene Vorstellung von Abschied und Trauer nach dem Tod zur Sprache bringt. Durch das traumatische Erlebnis eines schweren Autounfalls im Jahr 2014 gewinnen die Themen Tod und Vergänglichkeit für den Sänger und Texter an Bedeutung, was sich in den aktuelleren Songs von Versengold widerspiegelt und hier besonders zur Geltung kommt. „Haut mir kein‘ Stein“ bleibt dennoch ein Stück mit einer positiven Botschaft, die Schönheit und die einfachen Vorzüge des Lebens so lange wie möglich zu genießen: „Also lebt die Zeit die ihr noch habt, ich gönne sie euch allen / Wischt die Tränen weg, und tut mir den Gefallen“. Etwas zugespitzt deshalb auch der Wunsch: „legt kein‘ Kranz wohin ich starb / sondern baut mir dort ein Schankhaus / und tanzt auf meinem Grab“. Der zunehmend treibende Rhythmus und die Harmonik in Dur unterstreichen den positiven Gedanken des Textes und steigern sich in ein hymnenartiges Finale, das die unvereinbar scheinenden Gefühle von Freude und Trauer ineinander vereint.
Feuergeist
Die nachdenkliche Stimmung des vorangegangenen Titels wird mit „Feuergeist“ zunächst durch ein ausgedehntes Intro von Gitarrist Daniel Gregory und den Gesang von Malte Hoyer im Duett aufgegriffen. Textlich wird gleich zu Beginn durch die mythische und bildmalerische Ausdrucksweise klar, dass die Bedeutung des besungenen Feuergeists sich nicht durch wörtliche Auslegung erfassen lässt. Der Anfangs ruhig vorgetragene Refrain „Gib mir Dein Licht / Gib mir Dein Leuchten und gib mir Dein Feuer / Gib mir die Flamme die Dich so erhellt / wirf unsere Schatten auf die Welt“ ist in seiner Eindringlichkeit vielleicht eher ein Ausdruck von Leidenschaft und Begierde – lässt aber bewusst viel Interpretationsspielraum für Zuhörer, die gerne zweimal hinhören. Überraschend wandelt sich das Stück von seinem balladesken Intro zu einem virtuosen Instrumentalteil, dessen treibender Rhythmus fortan das Tempo vorgibt. Mehr als in den vorangegangenen Titeln kommen hier die technischen Fähigkeiten der Instrumentalisten zur Geltung, was seinen Höhepunkt im unisono gespielten Lauf vorm letzten Refrain findet – besonders Bassist Eike Otten lässt hier kurz sein außerordentlich präzises Spiel aufblitzen.
Biikebrennen
Der Anspruch, Folkmusik als popkulturelles Genre in Deutschland wieder ins Gespräch zu bringen, ermöglicht auch den Einsatz von reinen Instrumentalstücken, die im traditionellen Folk hauptsächlich als Tanzmusik auf gesellschaftlichen Festivitäten Verwendung fanden. Im irisch-keltischen Kulturraum sind „Jigs“ und „Reels“ die populärsten Vertreter, und so präsentiert sich „Biikebrennen“, der erste von zwei rein instrumentalen Titeln des Albums, in der Form eines klassischen Reel. Formgebend sind dabei der gerade 4/4 Takt und die wiederkehrenden, in sich wiederholten Teile von 8-16 Takten Länge. Das repetitive, traditionell inspirierte Thema, bereichert um Arrangementtechniken und Instrumentierung aus der aktuellen Rock- und Popmusik, entfaltet sich schnell zu einem fulminanten Rockstück, dass besonders auf Livekonzerten schnell in die Beine geht. Im letzten Drittel überrascht der erstmalige Einsatz des Hackbretts, das zum „Funkenflug“-Album neu ins Instrumentarium der Band aufgenommen wurde und mit seinem speziellen Klang im ruhigen Teil einen angenehmen Kontrast setzt und einen bemerkenswerten Spannungsbogen zum Finale erzeugt. Als federführender Komponist hat Geiger Alexander Willms mit „Biikebrennen“ einen Titel verwendet, der das traditionelle Feuer in Nordfriesland am 22. Februar beschreibt. Es braucht beim Hören nicht viel, um sich die verschiedenen Szenen eines rauschenden Volksfestes bildlich vorzustellen. Angesichts der Tatsache, dass Volksfeste wie das Biikebrennen die natürliche Herkunft von instrumental begleiteten Tänzen sind, könnte der Titel nicht besser gewählt sein.
Nebelfee
Auch im siebten Titel dreht sich Alles um die Eigenheiten der Nordseeküste. Die „Nordlichter“ von Versengold bekennen sich auf liebevolle Weise, ganz ohne patriotischen Pathos zu ihrer Herkunft. Mit „Nebelfee“ erklingt auf dem Album gleichzeitig die erste reine Ballade – ruhige Töne für eine Liebeserklärung an eine bisweilen eher stürmische Region. Die sehr persönlichen Worte von Texter Malte Hoyer verleihen dem Stück eine noch eindringlichere Wirkung und stehen im perfekten Einklang mit der meist aufs Piano reduzierten Begleitung. Die dezent eingesetzten, sphärischen Klänge der übrigen Musiker, sowie die eruptionsartige Zuspitzung der Bridge gegen Ende führen zu einem besonders klangmalerischen Gesamtbild, dass beim Hörer eine Fülle an Assoziationen hervorruft.
Solange jemand Geige spielt
Der etwas schwungvollere achte Titel gestaltet sich nach einem sehr kompakt gehaltenen Gitarrenintro textlich sehr direkt und klar, auch das sehr aufgeräumte klangliche Arrangement orientiert sich mehr als die vorangegangenen Titel an den Techniken des modernen Acoustic-Pop. Hinter dem repetitiven, schlicht anmutenden Refrain verbirgt sich jedoch mehr: Textzeilen wie „Ihr wurd‘ kein leichtes Leben in die Wiege gelegt“ oder „Sie ist irgendwie anders / hatte nie die große Wahl“ deuten Stigmatisierung und Ausgrenzung durch angeborene Abweichungen von einer vermeintlichen Norm an. Bewusst ist hier offen gehalten um welche Art Abweichung es sich handeln könnte – „Solange jemand Geige spielt“ spricht alle an, die sich bspw. aufgrund von Hautfarbe, Religion, körperlichen oder geistigen Handicaps, Geschlecht oder sexueller Orientierung gesellschaftlich benachteiligt und alleingelassen fühlen. Es ist dabei aber nicht bloß die Zustandsbeschreibung eines Menschen, der sich durch Musik und Tanz befreit – sondern durchaus auf die Band selbst bezogen zu verstehen: solange Versengold spielen, sollen Ausgrenzung und Intoleranz vergessen sein. Aus einem simpel anmutenden Popstück wird so bei genauerer Betrachtung ein Plädoyer für eine offene und pluralistische Gesellschaft.
Verliebt in eine Insel
Erheblich kraftvoller geht es im neunten Titel zu, der bereits im Instrumentalintro deutlich macht, um welche Insel es hier eigentlich geht. Rhythmus, Arrangement und Instrumentierung zeigen deutliche Anleihen aus dem Folk-Punk á la Dropkick Murphys oder Flogging Molly, während textlich beim Aufzählen der verschiedenen Irland-Klischees bereits in der ersten Strophe ein dezentes Augenzwinkern zu bemerken ist. So wird früh deutlich, dass das Liebesgeständnis der Musiker durchaus auch eine humorvoll kritische Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung eines Landes ist, das international vor allem mit Irish Pubs und den dortigen Saufgelagen in Verbindung gebracht wird: „Und weil es in jeder Stadt ein‘ Irish Pub zum Feiern gibt / sag‘ ich sláinte liebes Irland, ich bin in Dich verliebt!“ Der Grundton bleibt dabei stets positiv – schließlich ist die musikalische Verbundenheit von Versengold und der traditionellen irischen Folkmusik nicht von der Hand zu weisen. Die ausgelassene und positive Stimmung, den Iren spätestens bei großen Fußballturnieren immer wieder aufs Neue attestiert, werden mit jeder gespielten Note deutlich und finden ihren Höhepunkt in dem Geigensolo von Florian Janoske, das zur ruhigeren Bridge überleitet. Hier ist besonders der virtuose Einsatz der traditionellen irischen Uilleann Pipes (einer Art irischem Dudelsack, ohne Mundstück) durch Gastmusiker Tristan Pargmann zu erwähnen, der noch weiter zum Flair des Stückes beiträgt. Zum Ende hin erlauben sich Versengold noch einen letzten Seitenhieb auf die vereinheitlichte Kneipenlandschaft europäischer Großstädte – so lautet der letzte Refrain abgewandelt: „Und weil es in dieser Stadt kein‘ andern Pub zum Feiern gibt / sag ich sláinte liebes Irland, ich bin in Dich verliebt!“
O’Rileys Lichterfest
Direkt im Anschluss erklingt mit „O’Rileys Lichterfest“ das zweite rein instrumentale Musikstück des Albums. Das irische Flair des vorangegangenen Titels wird unmittelbar aufgegriffen und durch eine sprunghaft-heitere, virtuos vorgetragene Geigenmelodie aus der Feder von Geiger Florian Janoske wiedergegeben. Die stehenden Akkorde der Begleitinstrumente zu Beginn vermitteln die fröhliche Spannung, kurz bevor man zu einer großen Feier zusammenkommt, woraufhin sich im weiteren Verlauf das Geigenspiel bei hohem Tempo zu einer kapriziösen Lautmalerei entspinnt, die vor dem inneren Auge Szenen eines rauschenden Beisammenseins entstehen lässt. Zum Ende des ersten Drittels kommt es zu einer unerwarteten Wendung, die durch geschickt angewandte Techniken aus der Jazzmusik harmonisch in den ruhigen Mittelteil überleitet. Hier wird der Puls deutlich heruntergefahren und durch die klare, sphärische Melodie von Hackbrett und Geige eine bedächtige Stimmung erzeugt. Die Klangästhetik steht hier besonders im Vordergrund und liefert die Grundlage für die titelgebende Vorstellung von einem nächtlichen Event, dass durch eine Vielzahl brennender Lichter erhellt wird. Das letzte Drittel ist wieder geprägt vom kapriolen schlagenden Geigenspiel, unterstützt von einer zunehmend rockig agierenden Band. Zusammen steigert sich die Gruppe zum letzten Teil, in dem Janoske seine technischen Fähigkeiten an der Violine ausreizt und das Stück nach einem flammenden Solo mit einem stehenden Ton zu Ende bringt.
Herz durch die Wand
Die klangliche Vielfalt und Experimentierfreude von Versengold zeigt sich besonders im Titel „Herz durch die Wand“, dessen zentrale Melodie gleichzeitig vom zuvor bereits eingesetzten Hackbrett, der schwedischen Nyckelharpa (einem historischen Streichinstrument) und den von Tristan Pargman gespielten Uilleann Pipes wiedergegeben wird. Durch dieses Zusammenspiel entsteht ein einmaliger Klang, dessen Charakter eher einem Synthesizer ähnelt, als den Jahrhunderte alten, traditionellen Instrumenten, die hier tatsächlich erklingen. Textlich ist der Titel die Momentaufnahme des Innenlebens eines Menschen, dem große Veränderungen im eigenen Leben bevorstehen. Es ist eine von Hoyer sehr persönlich vorgetragene Aufforderung, in den Wirren einer Zeit des Umbruchs seinen Mut zusammen zu nehmen, seinem Herzen zu folgen und neue Wege zu gehen: „Es ist Zeit, Zeit aufzustehen / Zeit ein‘ ander‘n Weg zu gehen / Zeit, ich nehm‘ mein Herz und werfe es zum Horizont / und schreie: Flieg!“.
Schnee fällt
Die zweite Ballade des Albums ist ein feinfühliges Portrait eines einsamen Menschen, der an seine Vergangenheit zurückdenkt. Die aktuellen Entwicklungen westlicher Gesellschaften zeigen, dass Überalterung und damit auch Einsamkeit und Vernachlässigung im Alter zunehmend an Bedeutung gewinnen. „Schnee fällt“ erinnert an alldiejenigen, die ihr Leben im Alter allein verbringen müssen, und nichts weiter haben, als die Erinnerungen an vergangene Tage und verlorene Menschen. Entsprechend gestaltet sich die musikalische Begleitung – die hohen, von Drummer Sean Lang einfühlsam interpretierten Dreiklangsbrechungen am Klavier erzeugen das Bild der sanft zu Boden fallenden Schneeflocken im Winter. Unterstützt durch die Flageolettöne der Gitarre, das dezent eingesetzte Hackbrett und den Klang von schwingenden Gläsern entsteht ein Bild von klirrender Kälte, dass die bedrückenden Zeilen von Malte Hoyer eindrücklich unterstreicht.
Das wär‘ ein Traum
Mit „Das wär‘ ein Traum“ erklingt ein Song, der mit seinem „bluesig“ anmutenden Geigenthema und der speziellen Message des Textes erneut das große künstlerische Spektrum von Versengold unter Beweis stellt. Besonders interessant ist hier gleich zu Beginn der Einsatz der von Thomas Heuer sehr facettenreich interpretierten Bodhrán, einer irischen Rahmentrommel. Abseits ihrer gewohnten Einsatzgebiete als Begleitinstrument für irische Tunes bei entsprechenden Folk- und Acousticsessions sticht die Bodhrán hier im Duo mit der Geige hervor und zeigt ihre Vorzüge als vielseitig einsetzbares Instrument. Gemeinsam mit Bass, Gitarre und Schlagzeug erzeugt sie im weiteren Verlauf einen rhythmischen Teppich, der auffallend Einflüsse aus dem Funk und Soul der 70er- und 80erjahre verarbeitet. Besonders profitiert dabei der von Eike Otten gespielte Bass, der durch kleine Licks, kurze Läufe und solistische Einlagen immer wieder hervorsticht. Sänger Malte Hoyer nutzt dieses Setting für eine bissige Gesellschaftskritik und prangert egoistisches Handeln an. Durch kurzfristiges, profit- oder machtgetriebenes Denken wird der Blick aufs Ganze verloren und somit langfristiger Schaden für alle in Kauf genommen. Daher die scharfzüngige Forderung an alle: „wenn ihr schon die ganze Welt verprasst / Haltet euch im Zaum / Sägt doch bitte nur am eig‘nen Ast / und nicht gleich am ganzen Baum!“
In aller Ohr
Das Album schließt mit einem launigen Stück, das auf feucht-fröhliche Art und Weise den Abschied zelebriert, die Freundschaft besingt und sich dabei nicht allzu ernst nimmt. Der Song geht dabei auf einen besonderen Hintergrund zurück: um sich ganz aufs Songwriting für das neue Album zu konzentrieren, fand sich die Band im Juni 2016 in einem gemieteten Haus in Portugal nahe Lissabon für ein „Bandcamp“ zusammen. Viele der Titel des vorliegenden Albums sind Ergebnis dieses Treffens – jedoch spiegelt ganz besonders „In aller Ohr“ die ausgelassene und unbeschwerte Stimmung wieder, die dort geherrscht hat. Der etwas kryptische Untertitel „Rua dos Cactos“ bezeichnet passenderweise nichts anderes, als die Straße, in der das Haus nahe Lissabon steht. Es handelt sich hierbei also nicht bloß um ein einfaches Trinklied, sondern um eine kleine Hymne an die Freundschaft, die die Band sowohl untereinander, als auch mit ihren Fans verbindet.