Auch wenn die Sex Pistols eher eine gecastete Band von Malcolm McLaren waren, stellten sie genau den Zeitgeist der jungen Generation in Großbritannien dar. Die Mitglieder waren keine musikalischen Genies, nahen kein Blatt vor den Mund und wollten sich in der parlamentarischen Monarchie der Briten auf keinen Fall auch nur irgendwie anpassen.
Obwohl ihre Schaffenszeit im Endeffekt nur knapp 2 ½ Jahre (von August 1975 bis Januar 1978) sind die Sex Pistols immer noch eine der bedeutendsten und einflussreichsten Bands unserer Zeit. Wenn man unk Bands befragt, wer die Vorbilder waren, dann ist bei den Antworten neben den Ramones auch meistens die Sex Pistols dabei. Kein Wunder, denn keiner anderen Band ist es gelungen die britische Gesellschaft so zu spalten, wie den Pistols.
Daher liegt es auch nahe, dass man über so eine bedeutende Band nicht nur mehrere Biografien verfasst, sondern auch eine Graphic Novel Biographie. Diese wurde ins Leben gerufen von Autor Jim McCarthy und dem Künstler Steve Parkhouse. Die Hauptaufgabe der Beiden bestand bei diesem Projekt natürlich darin, die Geschichte der Band einigermaßen sinnvoll zusammenzufassen und in Bildern aufs Papier zu bringen.
Alle beginnt natürlich an dem schicksalsträchtigen Abend, an dem der junge John Lydon (späterer Bühnenname Johnny Rotten) mit seinen grün gefärbten Haaren zu einem „Vorstellungsgespräch“ in den Roebuck Pub in London geht. Dort trifft er auf Manager Malcolm McLaren sowie auf seine späteren Band Kollegen Steve Jones und Paul Cook. Für diese soll er dann nach Ladenschluss im „Sex“ (McLarens Boutique) vorsingen. Völlig unvorbereitet gibt er eine rotzige Version von Alice Coopers „I’m Eighteen“ zum Besten und ist damit in der Band. Der Rest ist Geschichte.
Natürlich werden in dieser Graphic Novel alle wichtigen Meilensteine, aber auch Eskapaden der Band gezeigt. Vom kometenhaften Aufstieg nach den ersten verpatzen Gigs, bis zum Plattenvertrag bei EMI und der ersten aufsehenerregenden Single „Anarchy in the UK“. Wahrscheinlich wären die Sex Pistols ohne das darauf folgende Fernsehinterview bei Bill Grundy niemals so erfolgreich, aber auch niemals so verhasst gewesen.
Damit aber nicht genug. Zum Thronjubiläum der Queen veröffentlichte die Band mit „God save the Queen“ eine weitere Single, die ihr größter Erfolg, aber auch der erste Nagel zu ihrem Sarg werden sollte. Dieser Song war wahrlich keine Lobeshymne auf England und viele Einwohner Großbritanniens nahmen es der Band krumm, dass so ein Song überhaupt veröffentlicht wurde. Dies merkte die Band dann leider auch bei ihren Konzerten, die nun aus Protest reihenweise abgesagt wurden und man daher unter Pseudonymen reisen musste.
Nach Veröffentlichung ihres einzigen richtigen Longplayers „Never Mind the Bollocks, Here’s the Sex Pistols“ undd er Kontroverse darum folgte noch die US Tour, die ebenso aufsehenerregend und katastrophal war, wie alles andere im Leben der Band und die Trennung im Jahre 1978.
Alles was danach kam, war nur noch ein Versuch das Projekt am Leben zu erhalten, scheiterte aber am Fehlen von Johnny Rotten. Spätestens mit den immer stärkeren Drogenproblemen von Sid Vicious, dem Mord an seiner Freundin Nancy Spungen und Sids Überdosis, war das Thema Sex Pistols Geschichte.
Die Umsetzung dieser turbulenten Bandgeschichte ist Jim McCarthy und Steve Parkhouse wirklich gut gelungen. Die Zeichnungen von Parkhouse sind roh und wild, gleichzeitig aber auch verspielt und detailgetreu. Hier sticht vor allem die Entwicklung der einzelnen Bandmitglieder ins Auge – allen voran natürlich Rotten und Vicious. In diesem Werk kann man sehr gut den Werdegang vom jugendlichen Rebellen, bis hin zum erwachsenen Punk (Rotten/Lydon) beziehungsweise zum ausgemergelten Junkie (Vicous) mitverfolgen.
Mir persönlich hat dieser Band sehr gut gefallen und mich auch der Band ein wenig näher gebracht. Hab ich die Pistols vorher immer nur als „bekannteste Punk Band neben den Ramones“ abgetan, konnte ich durch die Graphic Novel sehen, wie viel Stress und Ärger für die Bandmitglieder dahintersteckte. Die Rebellion kommt nie ohne einen Preis und England aber auch die USA waren damals halt noch nicht bereit für die Sex Pistols.
Sehr gut hat mir im Entstehungsprozess im Anhang des Bandes die Aussage von Parkhouse zu Sid Vicious gefallen. Da Vicious ein riesiger Comicfan war, hofft Parkhouse, dass Sid sich, wo immer jetzt auch gerade sein mag, über die Zeichnungen und diese Adaption seines kurzen Lebens freuen wird.
Die nun bei Panini Comics erschienene Graphic Novel zu den „Sex Pistols“ ist ein guter Einstieg ins Thema, da hier wirklich nur die groben Rahmenbedingungen aufgezeigt werden. Dennoch kann man durch die Veröffentlichung dieses Bandes erneut sagen – Punk ist nicht tot.
Meine Meinung: 10 von 10 Punkten