Mit Roland lö Franzose, zuständig für Vocals, Laute, Bass und Perkussion, Carsten (Laute, Chalumeau, Gesang) und Don Umberto (Stimme, Cister) von der Mittelalter-Band Die Streuner konnte ich ein Interview machen. Das aktuelle Release nennt sich 30 Jahre Die Streuner. Die Band hat sich 1994 gegründet. Wir haben über Einflüsse, Songwriting, Reaktionen und Emotionen sowie Instrumente. Viel Spaß beim Lesen!
Welches Album hatte den größten Einfluss auf dich als Musiker?
Roland: Es war mehr die Vielfalt der Plattensammlung meiner Eltern, die mir ein weit gefächertes Angebot unterbreitet hat. Von Klassik bis Pop war alles dabei. Ein Fundgrube fürs Gehör und Hirn. Es machte Spaß, Platten aufzulegen, zum Klavier zu eilen, um zu der Platte mitzuspielen.
Carsten: The White Album (The Beatles), 13 (Die Ärzte).
Don Umberto: Das rote Album von den Beatles, das ist nämlich der Grund, warum ich mit 12 angefangen habe, Gitarre zu lernen.
Welcher Song kam positiver bei dem Publikum an, als du erwartest hast? Und wieso hattest du diese Erwartung(en)/Befürchtungen?
Roland: „Wein, Weib und Gesang“, Titel unseres ersten Albums. Ich wußte, dass ein Titel gleichnamig von Johann Strauss komponiert wurde und es zu „Verwirrung“ oder Ablehnung kommen könnte. Das passierte jedoch nicht und der Titel wurde der bekannteste der Gruppe. Viele Male gecovert und von vielen Gruppen und Barden gesungen. Eher ein „Glückstreffer“ über den wir uns aber freuen.
Don Umberto: Für das Söldnerschwein habe ich eine Strophe geschrieben, von der ich dachte, dafür werde ich gesteinigt. Ist aber im Gegenteil irgendwie der Brenner geworden, auch beim Weibsvolk. Aber die Zeiten ändern sich, Sören hat die Strophe in seinem Stream zensiert.
Genauso habe ich befürchtet, für die Pointe in meinem neusten Lied „Idiotenclub“ gegrillt zu werden. Die kriegt aber Szenenapplaus. Wahrscheinlich nur von weißen alten Säcken.
Gibt es ein Buch/Film, das/der Einfluss auf eure Texte genommen hat? Wenn ja, welches/welcher und wieso (gerade dieses Werk)?
Roland: Es gibt Legenden, Sagen, Fantasybücher, Filme gleichen Genres und Rollenspielmaterial. Alles, was wir in die Finger bekamen und zu unserem Stil passt, wurde gelesen, verarbeitet, angenommen und weiter entwickelt. Auch Geschichtsbücher haben uns Wissen vermittelt, deren Inhalte manche Texte beeinflusst haben. Auf der anderen Seite ist die Fundgrube an bereits existierenden Musikstücken so gewaltig, dass man oft nicht mehr weiß, wo man anfangen soll.
Don Umberto: Die meisten Texte sind eh aus alten Liederbüchern oder Gedichtbänden. Was frech ist, wird
gerne genommen. An selbstgeschriebenen Texten: Die schöne Helena ist eine Anekdote aus dem Buch „Der Pfaffenspiegel“ von Otto von Corvin.
Wie entstehen eure Songs in der Regel, ausgehend von einem Riff, spielt ihr einfach los und ordnet dann …?
Roland: Es gibt verschiedene Ansatzweisen. Manchmal sind es Melodien, die man im Kopf hat und einen inspirieren. Manchmal sind es Akkordfolgen oder ein Thema, auf das man sich gedanklich fixiert. Jeder Weg ist richtig, wenn er zu einem guten Ergebnis führt.
Carsten: Manchmal ist der Text zuerst da und manchmal die Melodie / Musik. Und dann wird einfach
drauflos gejammed!
Don Umberto: In der Regel gefällt mir ein Gedicht oder ein Liedtext. Falls ich die Melodie langweilig finde,
schmeiß ich das Lied in die Kiste „Gedichte“. Das lese ich mir dann solange innerlich selber vor, bis sich eine Melodie aufdrängt, das kann auch Jahre dauern. Im Idealfall schreibe ich mir die auf, bevor ich sie vergesse. Ein Zwischenstück / Vorspiel / Riff entsteht, wenn mir zwischen den Strophen der Text nicht einfällt, und ich Zeit schinden muß.
Was für Emotionen wollt ihr beim Publikum auslösen und weshalb?
Roland: Die Streuner sind als reine Marktband unterwegs. Wir verbreiten gute Laune. Das ist unsere Stärke. Trinklieder, Geselligkeit, Spaß, Gelage und Weisen, die animieren mitzusingen. Der Alltag macht vielen zu schaffen und Mittelaltermärkte sind eine gute Möglichkeit, diesem zu entfliehen und zu entschleunigen. Das lockt immer Leute an die Bühne, die genau das suchen. Auf dem Weg zum Markt werden im Auto schon unsere Lieder gehört. Die Stimmung ist dann meist schon gut, bevor der erste Ton gespielt wurde. Dieser Linie sind wir nun 30 Jahre treu geblieben und es gibt wenig Gründe genau das zu ändern.
Carsten: Fröhlickeit/Freude, Liebe, Durst.
Don Umberto: Die Kerle sollen durstig und spendabel werden, und die Damen geil. Warum? Weil.
Welches Instrumentarium habt ihr bei euren Aufnahmen zum aktuellen Album genutzt und wieso fiel die Wahl genau darauf?
Roland: Wir haben bei Aufnahmen zahlreiche Instrumente, die live nicht dabei sind. Dazu zählen Streicher wie Cello oder Bratsche, Shaker, Schellenkränze, Perkussion, Bass und andere Instrumente. Sie füllen den Sound auf der CD, sind aber auf der Bühne nicht essenziell wichtig. Live ist live und Studio ist Studio.
Man muss als Produzent halt immer abwägen, ab wann es zu voll wird, und sich der klangliche Charakter einer Band durch Aufnahmen zu sehr vom gewohnten Bühnen-Originalsound entfernt.
Wo aber keine Menschen zu sehen sind, weil die CD nun einmal Tonträger ist, darf der Sound durchaus etwas „satter“ daherkommen. Hauptsache, die ganze Sache klingt nachher rund und überzeugend, spiegelt wider, was die Gruppe mit jedem Titel gemeint hat.
Wir wollen, wenn unser Plan aufgeht, unsere zehnte Scheibe im nächsten Winter angehen.
Eine Ausnahme werden wir zu unserem 30. Geburtstag machen. Wir spielen am 08. September auf dem Festival Mediaval in Selb. Dort werden wir eine musikalische „Zeitreise“ bieten, bei der wir mit bis zu elf Leuten auf der Bühne stehen werden. Mit dabei eben genau die oben genannten Streicher und am Ende werden noch Drum&Bass dabei sein, wobei wir uns besonders freuen, den Bassisten von Schandmaul für unsere „Bühnenparty“ begeistert haben zu können. Das wird in der Karriere der Streuner ein einmaliges Erlebnis werden.