Mit der Band Das Feuilleton konnte ich das relativ neue Interviewformat “6 Fragen an” durchführen. Wir sprachen über Einflüsse, Musik, Technik, Feedback und mehr. Viel Spaß beim Lesen!
Welches Album hatte den größten Einfluss auf dich als Musiker?
Julius (Drums): Miles Davis – Bitches Brew
Robert (Voc/Bass): Nationalgalerie – Meskalin
Michael (Git): Andy Bey – American Song
Welcher Song kam positiver bei dem Publikum an, als du erwartest hast? Und wieso hattest du diese Erwartung/Befürchtung?
„Seemann“. Ganz klare Sache. Das haben wir kurz vor dem Album als Single mit Video raus gebracht. Besonders live war das Feedback bei diesem Stück immer auffallend gut. Obwohl wir in diesem Lied auch viel improvisieren und von der Album-Variante abweichen. „Seemann“ ist textlich wie auch musikalisch schon herausfordernd und wirklich schroff bis schräg. Von daher war die Erwartung eher, dass wir damit stärker anecken.
Gibt es ein Buch/Film, das/der Einfluss auf eure Texte genommen hat?
Einflüsse auf unsere Texte finden sich von Erich Kästners Gedichten bis zu Lautréamont („Die Gesänge des Maldoror“). Aber auch zum Beispiel bei Thomas Hobbes („Leviathan“) und ähnlich fatalistischen Philosophen und Autoren. Aber diese Fremd-Inspiration und Prägung ist nicht der Kern der Textarbeit von „Das Feuilleton“. Eher der Versuch expressionistische bis surrealistische Elemente mit greifbarer, emotionaler Lyrik resonieren zu lassen. Aber eben gleichzeitig und nicht über Dekaden hinweg, wie bei den exemplarisch genannten Einflüssen.
Wie entstehen eure Songs in der Regel, ausgehend von einem Riff, spielt ihr einfach los und ordnet dann…?
Wir haben verschiedene Herangehensweisen. Alle führen zum Ziel.
Wir bearbeiten nur Ideen, die uns allen gleichermaßen gefallen. Der Rest fliegt gnadenlos zurück in die Schublade.
Manchmal lassen wir uns bei der Musik vom Text inspirieren, manchmal ist es genau anders herum. Immer suchen wir dann aber gemeinsam in lauten Proben wie wir diese Fragmente zusammen backen können.
Was für Emotionen wollt ihr beim Publikum auslösen und weshalb?
Wir sind recht direkte, drastische Typen. Wir tänzeln ungern um den Kern einer Sache/Idee/Debatte herum. „Das Feuilleton“ bietet uns untereinander und im Austausch mit der Außenwelt eine Plattform, um dies in einem produktiven Sinne zu kanalisieren. Musikalisch mögen wir einen ganz bestimmten Grad an Energie und haben eine klare ästhetische Vorstellung, wie wir diese transportieren können. Wir möchten Menschen gerne bewegen. Emotional, gedanklich und körperlich. Bis ran an wunde Punkte oder Tabus. Aber eben nicht berechenbar und mit dem Zeigefinger, sondern nonkonformistisch und gemeinsam. Horizontal. Dialektisch. Mit und für Leute, die mit uns auf derselben Wellenlänge funken.
Welches Instrumentarium habt ihr bei euren Aufnahmen zum aktuellen Album genutzt und wieso fiel die Wahl genau darauf?
Wir haben uns der zeitlosen Besetzung Gitarre-Bass-Schlagzeug-Gesang verschrieben. Diese gibt uns alle Ausdrucksmittel an die Hand, die wir brauchen. Wir kommen live mit 10 Minuten Soundcheckzeit zurecht und sind nicht mit Patches, Midi und Laptops belastet. Das genießen wir sehr.
Auf der aktuellen Platte „Ab morgen bin ich unpolitisch“ haben wir uns komplett auf den Kern unserer Ideen reduziert und konzentriert. Wir haben die Tracks als Session in einem Raum gleichzeitig von Tobias
Siebert auf Bandmaschine aufzeichnen lassen. Und dann relativ spärlich Overdubs dazu gespielt. Harmonium, Klarinette, Juno und Percussion. Es gibt extrem selten mal eine zweite Stimme. Wir haben
das so gewollt. Vermutlich, weil wir uns an überproduzierten Platten komplett satt gehört haben. Wir wollten nackt, plastisch und konkret rüber kommen und auch zulassen, dass mal ein Part zerbrechlich oder unvollkommen einfach so passiert wie er im Zusammenspiel eben passiert ist.